Ich erhielt von Ihnen, Herr M-P, zu meinem 70. ein Geburtstags-Gratulationsschreiben. Habe lange überlegt, ob ich mein Unbehagen ob solcher "Scheinprivatheit?" in einer - sicher mühevollen - Analyse prinzipieller Natur abreagieren sollte und versuchen, sie in den Medien unterzubringen.

 

Es beschlich mich aber das unangenehme Gefühl, neben möglicherweise zahlreichen zustimmenden Zuschriften doch auch einige Querulanten zu ermuntern, denen diese Ermunterung nicht zusteht und für die sie auch nicht gedacht ist.

Bevor mir aber der kleine Energiefaden reißt und ich wieder in die landesübliche Resignation verfalle, möchte ich Ihnen ganz schnell und ohne Umschweife sagen, dass ich diesen Brief beschämend finde. Weder kennen wir einander, noch kennen Sie meine Arbeiten.

Nicht, dass ich das nicht völlig legitim fände! (Sie hätten wirklich viel zu tun, sollten Sie Details aus dem Leben aller unserer Künstler, Sportler, Jung-/ Altpolitiker kennen müssen, die für so eine oder ähnliche Postwurfsendungen infrage kommen). Aktionen huldvoller Gelangweiltheit oder auch nur Gedankenlosigkeit aber sollten Sie wohl unterlassen. Sie sind Residua einer Zeit, die wir erfreulicherweise überwunden haben. Gerade eine Institution wie jene, der Sie vorstehen, sollte bemüht sein, das durch entsprechende Haltung zu dokumentieren. Sie wollen doch nicht, dass auch ich Ihnen Geburtstagswünsche übermittle?

Und Sie glauben doch nicht wirklich, dass ein auch nur durchschnittlich vernünftiger Mensch solch Geburtstagsgruß anders als eine Belästigung empfinden kann?

Ich bin der Meinung, dass es zur Hygiene zwischenmenschlichen Kontakts gehört, seine Mitbürger auch dann nicht für dumm zu verkaufen, wenn man möglicherweise Gründe zur Annahme hat, dass sie es tatsächlich sind. Ein kleines Problem, das bequem lösbar scheint. Man sollte die Chance nützen. (Ein für allemal.)
Otto M. Zykan
Komponist und Autor