So entwirft man an der FH Joanneum: der Aussichtsturm Deutschlandsberg von Duswald, Hödl, König und Kropf.

Foto: FH Joanneum
Ein langer Atem war bisher eine nicht unwesentliche Voraussetzung für ein Architekturstudium: Liegt doch die durchschnittliche Studiendauer zurzeit - und sie hat sich in den letzten Jahren deutlich verkürzt - bei 16 Semestern. Für alle, die ein solcher Zeithorizont von einem Architekturstudium abhält, bietet die FH Joanneum in Graz seit drei Jahren (sowie die FH Kärnten seit letztem Herbst) das Bakkalaureatsstudium "Bauplanung und Bauwirtschaft" an, das zwar nicht das Architekturstudium an einer Universität ersetzt, aber die Grundlagen für ein entsprechendes Aufbaustudium ab der FH vermittelt. Wer sich im Rahmen dieser sechs Semester dauernden Ausbildung für den Studienzweig Architektur entschieden hat, kann ab Herbst erstmals mit dem neuen Magisterstudium "Architektur und Projektmanagement" seine Ausbildung zum Architekten fortsetzen. Nach vier Semestern und einem positiven Abschluss ist dann - gleich wie bei den Uni-Absolventen - nach einer gewissen Praxiszeit noch die Ziviltechnikerprüfung abzulegen, bevor man sich schließlich als Architekt bezeichnen darf.

10 Semester Vollzeit

Da stellt sich natürlich die Frage, was diese fünfjährige FH-Ausbildung vom beträchtlich längeren Uni-Studium unterscheidet: "Das Architekturstudium an der FH", so Anne Wagner von der FH Joanneum, "ist ein absolutes Vollzeitstudium, das man in zehn Semestern abschließen muss. Unsere Studierenden sind zeitlich sehr gefordert - zum Teil auch in den Ferien." Natürlich sei an einer Universität auch die Wahlfreiheit größer - "was das Studium allerdings nicht unbedingt fruchtbarer macht: Man kann in der Ausbildung auch für die spätere Praxis wichtige Inhalte übergehen." Die neue FH-Architekturausbildung setze dagegen dort an, wo man in der beruflichen Praxis auf Defizite gestoßen sei: "In einem Architekturbüro betreffen etwa fünf Prozent der Tätigkeiten den Entwurf, die restlichen 95 Prozent sind technische und organisatorische Arbeiten von der Ausschreibungsabwicklung über die Plananfertigung bis zur Bauüberwachung." Seine 35-jährige Erfahrung als selbstständiger Architekt lehrte Gert Kossdorff, Leiter des Fachbereichs Hochbau am Studiengang, wie wichtig diese über die klassische Entwurfsarbeit hinausgehenden "Zusatztools" sind: "Wer über diese Qualifikationen verfügt, findet sich in der Praxis schneller zurecht."

Dementsprechend sei das Entwerfen in der FH-Ausbildung zwar ein integraler Bestandteil, der jedoch in die erforderlichen technischen und wirtschaftlichen Lehrinhalte eingebettet werde.

Grundsätzlich gehe es darum, den angehenden Architekten "eine Gesamtsicht ihrer künftigen Tätigkeit zu vermitteln", betont auch Studiengangleiter Wolfgang Nesitka. "Unsere Ausbildung ist deshalb auch sehr projektbezogen: Die Studierenden lernen schon früh, Projekte komplett durchzugestalten - von der Ausschreibung über den Entwurf und die Konstruktion bis hin zur Kalkulation." Damit die angehenden Architekten nach Studienabschluss nicht von der rauen Praxis überrollt werden, müssen sie ein einsemestriges Berufspraktikum absolvieren - eine gute Möglichkeit, erste Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern zu knüpfen.

Bei insgesamt 23 Ausbildungsplätzen für Architekten (und - sofern vom FH-Rat genehmigt - weiteren 15 Plätzen für Innenarchitekten) sowie 50 Lehrenden sind die Voraussetzungen für eine persönliche Betreuung der Studierenden optimal.

Auch die Infrastruktur dürfte sich nicht studienverzögernd auswirken: Es stehen ausreichend Rechner, Labor-und Werkstattplätze zur Verfügung. Internationale Projektwochen, das Joint-Degree-Konzept mit ausländischen Universitäten sowie Praxissemester außerhalb Österreichs verhindern Nesthocker-Tendenzen. Immerhin wird es trotz maßgeschneiderter Ausbildung am hiesigen Arbeitsmarkt enger - und österreichische Architekten sind international gefragt. (Doris Griesser/DER STANDARD, Printausgabe, 7.5.2005)