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Wien - Ein großes Rätsel der Erdgeschichte scheint gelöst zu sein: Die Suche nach dem fehlenden Sauerstoff. Das zumindest behaupteten Wissenschafter bei der kürzlich in Wien stattgefundenen Generalversammlung der European Geosciences Union.

Vor etwa 2,8 Milliarden Jahren entwickelten im Meer lebende Mikroorganismen für die Energiegewinnung eine sehr raffinierte Technik: die Fotosynthese, bei der mithilfe von Sonnenlicht aus Wasser und Kohlendioxid energiereicher Zucker und - als Abfallprodukt - Sauerstoff entsteht. Es dauerte von da an aber noch wenigstens 500 Millionen Jahre, bis sich Sauerstoff in der Umwelt ansammelte.

Es bestand Mangel an so genannten reduzierten Stickstoffverbindungen, einem Grundnahrungsmittel der Lebewesen, meinen Katja Fennel und Paul Falkowski von der Rutgers Universität in New Jersey, USA. Die Folge: Nur eine begrenzte Zahl von Organismen war lebensfähig. Damit wurde auch die Produktion von Sauerstoff durch Fotosynthese gehemmt. Wie aber befreite sich die Natur aus diesem Teufelskreis?

Fennel und Falkowski meinen, die Ursache liege unter dem Meeresboden. Nach einiger Zeit hatten sich Reste toter Organismen in dicken Schichten auf dem Grund der Ozeane abgelagert. Viele wurden unter der Last nachfolgender Ablagerung zu Stein gepresst. Das organische Material war damit dem oberirdischen Kreislauf entzogen. Die Folge: Weniger Sauerstoff wurde bei der Verwesung verbraucht - der Sauerstoffgehalt in der Umwelt stieg stetig an. Heute ist jedes fünfte Luftteilchen ein Sauerstoffmolekül.

Damit nahm auch der Gehalt jener Stickstoffverbindungen zu, die für Organismen lebenswichtig sind. Denn bestimmte Bakterien nutzten stattdessen fortan Sauerstoff, der mit weniger Aufwand abgebaut werden kann. Der Weg war frei für die Entstehung einer außergewöhnlich effizienten Energiequelle: die Sauerstoffatmung, die alle vielzelligen Tiere nutzen.

Noch müssen die entsprechenden Studienergebnisse der beiden Geochemiker, die in Wien erstmals vorgestellt wurden, von Fachkollegen offiziell begutachtet werden. Die Reaktionen der auf der Geologentagung anwesenden Wissenschafter aber waren eindeutig: Das Sauerstoff-Problem dürfte gelöst sein. (boja/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6. 5. 2005)