Paris - Als die Ernennung des Multi-Intendanten Stéphane Lissner zum Generalintendanten und künstlerischen Leiter der Mailänder Scala bekannt gegeben wurde, schlug diese Nachricht in den französischen Medien kaum Wellen: Nur Le Monde nahm die Neuigkeit bereitwillig wahr.

Lissner ist bereits Musikdirektor der Wiener Festwochen und Generaldirektor des Musikfestivals von Aix-en-Provence. Mit Peter Brook gemeinsam leitet er das Théâtre des Bouffes du Nord, gleichzeitig ist er für das private (unsubventionierte) Théâtre de la Madeleine verantwortlich, wo er Yasmina Rezas Spanisches Stück in der Inszenierung von Luc Bondy produzierte, das jetzt in Wien gezeigt wird.

In Le Monde las man nun ein ausführliches Interview mit Lissner. Der ankündigt, seine "Rolle als Generaldirektor des Festivals von Aix-en-Provence zu verantworten, indem (er) das Programm bis zum Ende (seines) Vertrags 2009 abschließt". Er wird jedoch nur bis 2007 in Aix-en-Provence anwesend sein und dann seine Nachfolge mit den Subventionsgebern aushandeln.

"Scala oder nicht Scala, ich hätte in jedem Fall aufgehört", kommentiert Lissner. Der sich durch die Streiks 2003 und die Verhandlungen mit den Sängern und Bühnenarbeitern "humanisiert" fühlt. Also gewappnet für die Verhandlungen mit den ihren Streik derzeit suspendierenden Scala-Musikern.

"Was die Wiener Festwochen betrifft, ist mein Programm bis 2007 fertig", bemerkt der Multidirektor: "Was das Théâtre des Bouffes du Nord angeht, endet meine Zusammenarbeit mit Peter Brook, der alle meine Anteile zurückkaufte, per 30. Juni. Es bleibt das private Théâtre de la Madeleine, aber das geht nur mich etwas an", beschließt der Supermanager kurzerhand.

Lissner zeigt sich erfreut darüber, als erster Ausländer die Scala zu leiten, und unterstreicht, dass er die Doppelfunktion des Generaldirektors und künstlerischen Leiters vertraglich verlangt habe. Dennoch plant er nicht, die "Lissner-Methode" anzuwenden, dank der er als "Erneuerer des Musiktheaters" klassifiziert werde: "Wenn ich etwas verstanden habe, dann ist es, dass die großen Häuser stärker als wir sind. Wir stationieren doch nur auf der Durchreise." (ogw/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.5.2005)