"Dr. Gusenbauer geht es nur darum, seine ideologische Gesamtschule einführen zu können, das habe ich in den Diskussionen der vergangenen Tage gemerkt", erklärte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) am Dienstag im Gespräch mit der APA.

Gehrer schützt Schulen

Deshalb müsse sie sich "schützend vor die Gymnasien und die Hauptschulen stellen", begründet Gehrer, warum sie in der Diskussion um Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit für Schulgesetze an ihrem Standpunkt festhält: den Wünschen der SPÖ nach verfassungsrechtlicher Verankerung von Punkten wie Schulgeldfreiheit komme man nur nach, wenn auch das differenzierte Schulwesen in die Verfassung komme.

Bewegung in den Schulbereich bringen

Ihr Anliegen sei es, Bewegung in den gesamten Schulbereich und eine innere Schulreform in Gang zu bringen. "Ich möchte, dass für 95 Prozent der Schulgesetze die Zwei-Drittel-Mehrheit fällt", sagte Gehrer. Damit könnten elf Vorschläge der Zukunftskommission umgesetzt werden, die derzeit der Zwei-Drittel-Pflicht unterliegen. Dazu zählen etwa jahresbezogene Berechnung und autonome Aufteilung der Unterrichtszeit, Unterrichtsgarantie der Schulen, optimale Nutzung von Beginn und Ende des Schuljahres, Anspruch auf ganztägige Betreuung, Einschränkung der Klassenwiederholung, Stärkung der Schulpartnerschaft, etc.

"Mit einem Federstrich"

Wenn es der SPÖ ein so großes Anliegen sei, Schulgeldfreiheit, Schulpflicht und öffentliches Schulwesen (Gehrer: "Punkte, an denen nie jemand gezweifelt hat") in die Verfassung zu schreiben und die Kirche für den Religionsunterricht eintrete, wolle sie nichts dagegen haben. "Wenn ich aber schon diese Wünsche und Ängste berücksichtige, muss ich auch Rücksicht nehmen auf die vielen Rückmeldungen, die wir bekommen haben, die das gegliederte Schulwesen als wichtigen Bestandteil des Schulsystems sehen." Sprich: Auch das in AHS und Hauptschulen differenzierte Schulwesen soll in die Verfassung, denn "ich bin dagegen, dass man das mit einem Federstrich beseitigen kann", so die Ministerin.

Slalom laufen

Dass man zu einem ursprünglich - zu unterschiedlichen Zeitpunkten - von beiden Parteien geforderten Vorschlag einer vollständigen Abschaffung der Zwei-Drittel-Mehrheit zurückkommt, hält Gehrer für ausgeschlossen. "Das ist vorbei, das war ein Window of Opportunity, das Gusenbauer zugeschlagen hat. Wir sind nicht diejenigen, die in seinem Slalom hinterherlaufen."

Gehrer "guten Mutes"

Trotz des ergebnislosen Schul-Gipfelgesprächs am Montag ist Gehrer dennoch "guten Mutes", dass man im Unterrichtsausschuss morgen, Mittwoch, zu einem Ergebnis kommt und "die SPÖ sieht, welche Bewegung bei 95 Prozent der Gesetze möglich ist." Zu einem Kompromiss gehöre, dass beide sich bewegen, "und wir haben uns jetzt ganz kräftig bewegt, indem wir gesagt haben, die vier Punkte, die der SPÖ so ein Anliegen sind, nehmen wir in die Verfassung auf." In welcher Form das derzeitige Schulsystem verfassungsrechtlich abgesichert werden soll, "darum ringen wir noch", etwa ob der Begriff "gegliedertes" oder "differenziertes" Schulsystem verwendet werde. (APA)