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Bei aller Besorgnis um die weltweite Pressefreiheit ist Achtsamkeit auch im eigenen Land angebracht, meinen Experten. Die strafrechtliche Verfolgung von Ehrenbeleidigung oder Verleumdung etwa, in nahezu allen EU-Ländern noch gesetzlich möglich, stellt nach Ansicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Bedrohung dar. "Jede Begrenzung der Macht der Medien vergrößert die Macht des Staates", warnt Eoin O'Carroll, der sich im Rahmen eines Stipendiums am Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen mit dieser Frage auseinander setzt, im Gespräch mit der APA.

Strafrechtliche Verfolgung möglich

Außer Zypern gibt es in jedem Land der EU zumindest theoretisch die Möglichkeit, Ehrenbeleidigung und ähnliche Delikte strafrechtlich zu verfolgen, so eine Studie der OSZE. Das gehört geändert, hielt der Medienbeauftragte der Organisation, Miklos Haraszti, unlängst fest: "Verleumdung und Diffamierung sollten ausschließlich zivilrechtlich behandelt werden. Ansonsten sind auch entwickelte Demokratien nicht gegen Bedrohungen der Pressefreiheit gefeit."

"Schlafendes Recht"

O'Carroll hat sich im Zuge seiner Forschungstätigkeit die Rechtslage in Europa näher angeschaut. Die meisten entsprechenden Gesetze würden nicht mehr ausgeübt, meint er - zumal Verurteilungen wiederholt vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgehoben worden seien. Eine Ausnahme sei etwa Polen, wo vergangene Woche Andrzej Marek, Chefredakteur einer Wochenzeitung, drei Monate in Haft war, weil er einen Polizeichef der Korruption geziehen hatte.

Doch auch "schlafendes Recht" kann noch Schaden anrichten und im schlimmsten Fall Vorbildcharakter für andere Staaten haben, gibt O'Carroll zu bedenken. Darüber hinaus reicht es oft nicht mehr, in einem vereinten Europa die nationalen Gesetze zu beachten - wie nicht zuletzt der Fall Gerhard Haderer gezeigt habe, der für sein in Österreich erschienenes Buch nach griechischem Recht verurteilt (und in zweiter Instanz dann doch freigesprochen) wurde.

Zivilrechtliche Bestimmungen vorzuziehen

Wie aber sieht es aus mit der Abwägung zwischen dem - in der Verfassung garantierten - Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte? "Als Journalisten haben wie die Macht, unschuldige Leben mit dem zu zerstören, das wir schreiben oder senden, und es ist eine große Verantwortung, diese Macht nicht zu missbrauchen", sagt O'Carrol. Aber: "Verleumdungs-Gesetzgebung wird oft mit dem imaginären "armen, unschuldigen Opfer" gerechtfertigt, das von rücksichtslosen Reportern verletzt wird. In der Praxis jedoch werden solche Gesetze von den Mächtigen verwendet, um Kritiker mundtot zu machen." Zivilrechtliche Bestimmungen, die öffentlichen Personen weniger Schutz bieten, sind auch nach seiner Ansicht vorzuziehen: "Einzelpersonen, die diffamiert wurden, können Medienunternehmen klagen, Regierungen aber haben keine Möglichkeit, Journalisten zu zensurieren". (APA)