Graz - Sie leisteten nach 1945, als viele der eingerückten Ehemänner und Väter noch in Gefangenenschaft waren, die Aufräumarbeit und meisterten den täglichen Existenzkampf zum Wohl der Gesellschaft: die "Trümmerfrauen". Ohne ihre Schwerstarbeit wären viele Städte lange Zeit Schutthalden geblieben, wäre das Überleben vieler Familien nicht gesichert gewesen. Die Grazer ARGE Jugend gegen Rassismus und Gewalt widmet sich nun in einem Videoprojekt der Tätigkeit dieser Frauen - und sucht Zeitzeuginnen.

Die persönlichen Erfahrungen der Frauen aus dem Nachkriegsalltag in den zerstörten österreichischen Städten werden oft nur im Familienkreis weitergegeben. Das Grazer Projekt "Die Trümmerfrauen der Steiermark zwischen 1945 und 1955", das von der Grazer Sozial- und Frauenstadträtin Tatjana Kaltenbeck-Michl (S) unterstützt wird, bringt neugierige Jugendliche mit gesprächsbereiten Frauen zusammen, die ihre Erfahrungen in der unmittelbaren Nachkriegszeit weitergeben wollen. "Wir bitten alle interessierten Damen, sich bei uns zu melden", so Projektleiterin Bettina Ramp von der Arge Jugend gegen Gewalt und Rassismus.

Geringe gesellschaftliche Anerkennung

"Diese Frauen haben viel zum Wiederaufbau beigetragen, dafür aber lange Zeit wenig gesellschaftliche Anerkennung bekommen. Mit dem geplanten Video soll das durch Zeitzeuginnen repräsentierte 'narrative' Wissen, das eben nicht verschriftlicht wurde, sichergestellt werden", so Ramp. Für das aktuelle Projekt führen Jugendliche unter der Leitung von Historikern intensive Einzel- und Gruppengespräche mit den Zeitzeuginnen durch. Die Interviews werden mittels professioneller Kameratechnik auf Videobändern archiviert, die dann steirischen Schulen, Gemeinden und Bildungseinrichtungen für den Geschichteunterricht und für die politische Bildung zur Verfügung stehen sollen, schilderte die Grazer Historikerin.

Die Arbeitsgruppe hat bereits im mehrjährigen Großprojekt "Jugendliche im Dialog mit Zeitzeugen und Historikern über die Erste und Zweite Republik" Erfahrungen in der dokumentarischen Arbeit mit Senioren gesammelt. Der generationenübergreifende Dialog ist dabei immer wesentlicher Bestandteil der Arbeit. Mehrere Videos sind seit 2002 bereits entstanden. (APA)