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Elahe Kulaie, Vizechefin der Reformpartei Mosharekat: "Zu viel Druck ist kontraproduktiv."

Foto: epa/Taherkenareh
STANDARD: Der Westen verfolgt mit Sorge das ehrgeizige Urananreicherungsprogramm im Iran. Einige Experten sagen, dass dessen Größe nicht damit zu rechtfertigen sei, dass der Iran seinen Reaktorbrennstoff selbst herstellen will.

Kulaie: Unsere Wissenschafter haben immer den besten Weg für die Sicherung der Bedürfnisse des Iran gefunden, auch in der Atomfrage haben sie die Unabhängigkeit vom Ausland erreicht. Ich glaube, jetzt sollten wir Maßnahmen ergreifen, um das Vertrauen der Welt in die friedliche Natur des iranischen Atomprogramms wiederherzustellen.

Niemand darf unser Recht auf die friedliche Nutzung der Atomtechnologie infrage stellen. Alle reformorientierten Parteien teilen die Meinung, dass sie nur friedlich und zur Sicherung der nationalen Interessen benutzt werden sollte. Diese Technologie sollte niemals die nationale Sicherheit bedrohen, indem sie militärisch verwendet wird.

STANDARD: Die USA werfen dem Iran vor, Atomwaffen produzieren zu wollen. Aber die Verhandlungen führen die Iraner mit Großbritannien, Frankreich und Deutschland.

Kulaie: Die USA verfolgen die Verhandlungen sehr genau. Trotz aller Probleme: Die Amerikaner wissen, dass der Iran eine strategische Rolle in der Region spielt und ein zu hoher Druck auf Teheran kontraproduktiv sein könnte.

STANDARD: Glauben Sie, werden die USA oder Israel den Iran angreifen, um das Atomprogramm zu vernichten?

Kulaie: Wir hoffen, dass niemals so etwas passiert. Wenn die Reformen im Iran fortgesetzt werden und wir unsere Programme realisieren können, wird der Iran ein aktiver Spieler in der Weltpolitik sein.

STANDARD: Viele sind der Meinung, dass der Reformprozess gescheitert ist.

Kulaie: Das ist keine richtige Interpretation der Entwicklungen der letzten Jahre. Der Reformprozess hat in politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Bereichen vieles im Iran geändert, das kann niemand leugnen. Aber wie in jeder vergleichbaren Gesellschaft liegen eben viele Probleme auf dem Weg der ersehnten Reformen.

STANDARD: Warum sollte Ihr Kandidat für die Wahlen im Juni, Mostafa Moin, als Präsident mehr Erfolg haben als Khatami?

Kulaie: Präsident Khatami hat vieles versucht und auch vieles erreicht. Wir werden bestimmt seine wertvollen Erfahrungen berücksichtigen. Wir sind der Meinung, dass die Politik der Reformer während der letzten Jahre genau und kritisch untersucht werden sollte. Das bedeutet keinen Stillstand des Reformprozesses, wenn wir nicht alles genau so wiederholen wollen, was Khatami gemacht hat.

STANDARD: Es heißt, der konservative Wächterrat wird die Kandidatur Moins ablehnen.

Kulaie: Herr Moin war in der Islamischen Republik dreimal Abgeordneter und zweimal Minister. Warum sollten die Konservativen seine Kandidatur ablehnen? Diese Gerüchte sind eher Teil der Propaganda unserer Gegner mit dem Ziel, den Menschen die Wahlen zu vermiesen. (DER STANDARD, Printausgabe, 2.5.2005)