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Foto: APA/Schlager
Wien - In einem Segment ist das Verhältnis öffentlicher Verkehr zu Autoverkehr in Wien mit Abstand am Schlechtesten: Bei den Pendlern. Denn während in Summe in Wien mehr Menschen mit "Bim" und Co unterwegs sind - fahren immerhin zwei Drittel der Pendler mit dem Auto in die Stadt und wieder retour.

Die Kürzungen

Es könnte aber noch schlechter werden. Denn jetzt schlägt Wiens Finanzstadtrat Sepp Rieder Alarm: Die Mittel für den öffentlichen Nahverkehr seien vom Bund heuer gekürzt worden - und zwar österreichweit von elf Millionen Euro im Vorjahr auf 8,5 Millionen Euro für 2005. Rieder: "Der Bund steht eindeutig auf der Bremse."

Die ersten Konsequenzen zeigen sich bereits jetzt. So wurde etwa auf der Schnellbahnlinie S 80 das Intervall verdichtet - die Kosten teilten sich Wien und ÖBB mit jeweils 300.000 Euro. Jetzt heißt es seitens der ÖBB: Da die Bundesmittel gekürzt wurden, könnte das kürzere Intervall nicht mehr aufrechterhalten werden.

Ab 2008 alles offen

Unberührt von diesen Kürzungen ist das so genannte 30-Milliarden-Paket (das noch in Schillingen ausverhandelt worden war) für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs - inklusive des U-Bahnbaus bis 2008. Aber: Was nach 2008 sein wird, sei noch vollkommen offen, so Rieder. Das heißt: Auch die weitere Verlängerung der U2 zum Flugfeld Aspern beziehungsweise der U-Bahnbau in Richtung Wienerberg hängt finanzierungsmäßig noch vollständig in der Luft. Rieder geht jedenfalls wie bisher von einer Fifty-fifty-Finanzierung aus.

Die Zukunft des Verkehrs in und um Wien liege bei den Öffis, erläuterte - ungeachtet dessen - Manfred Novy, Kogeschäftsführer des Verkehrsverbundes Ostregion (VOR) bei der Verkündung des Jahresergebnisses 2004 am Montagabend. Nach zwei Jahren der Stagnation habe sich dieses "bei den Fahrgastzahlen um 1,9 Prozent auf 794 Millionen Fahrgäste, bei den Einnahmen um 2,9 Prozent auf knapp 456 Millionen Euro" gesteigert.

Teurere Tickets

Dass das finanzielle Plus spürbar dabei größer als das Benutzerplus ausfiel, liege an den teureren Tickets durch die "letzte Tarifanpassung in den VOR-Außenzonen". Eine nächste VOR-Verteuerung hänge - so Novy - "voll und ganz von der Preispolitik der neuen ÖBB-Führung" ab.

Die Zukunft des Verkehrs in und um Wien liege aber auch bei den Fußgängern, leitete VOR-Kogeschäftsführer Wolfgang Schroll alsdann zum Hauptthema des Abends über: Der "neuen Nachhaltigkeitskultur", ohne die in den kommenden Jahrzehnten die hohe Lebensqualität in großen Agglomerationen wie Wien nicht haltbar sein werde. "Zwei Kilometer Fußgehentfernung pro Tag", so der als Vor-Vordenker engagierte Soziologe Ernst Gehmacher, sollten dem Stadtbenutzer in Zukunft zumutbar sein.

Und zwar als Ergänzung zu Auto- und Öffibenutzung in "sektoral verkehrsberuhigten Zonen", die eingerichtet werden müssten, um das Ziel einer Stadt ohne Stau (SOS) anzupeilen. "Dass diese Abkürzung dem gebräuchlichen Notzeichen entspricht, ist kein Zufall", meint Gehmacher, der von einem "nötigen kulturellen Umbruch" sprach. Laut einer Studie seien derzeit gerade sechs Prozent der Österreich zu mehr Fußarbeit bereit.

"Vienna Spirit"

Beim VOR bereitet man sich auf die neuen Zeiten mit Projekten wie Anruf-Sammeltaxis (Ast), Bedarfshaltestellen (Beha) sowie der Mitfinanzierung von Park & Rideanlagen vor. Zusammen mit Seibersdorf Research arbeitet man außerdem an einem Navigationssystem, das - gemeinsam mit dem Fahrgast der Zukunft - vom Auto in die Öffis umsteigen kann. "Vienna Spirit" nennt sich das System, das den Nutzer, auch wenn er zu Fuß unterwegs ist, per Handy den Weg durch die Stadt weisen soll. (Roman David-Freihsl, Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe, 27.04.2005)