Foto: privat/Bildband
Erstmals seit beinahe zwanzig Jahren liest Peter Rühmkorf heute wieder einmal in Salzburg. Im Gepäck hat er zwei aktuelle Bücher: Vergangenes Jahr erschien im Steidl-Verlag das Bild-Lesebuch "Wenn ich mal richtig ICH sag . . ." - darin finden sich vor allem Fotografien und Dokumente aus dem bewegten Leben des 75-jährigen Poeten.

Der hervorragende Band eignet sich als Ergänzung zu einem anderen, ebenfalls 2004 erschienenen Werk: "TABU II - Tagebücher 1971-1972". Nachdem er sich in "TABU I" mit den deutschen Wendejahren 1989 bis 1991 auseinander gesetzt hatte, verarbeitet Rühmkorf im zweiten Teil seiner persönlichen Notizen die Zeit zwischen April 1971 und Juni 1972. Anfang der 1970er-Jahre ist der Autor knapp über vierzig, also zieht er vorsichtshalber da schon eine Lebensbilanz. Immer wieder plagen den damals noch nicht zum Dichter-Establishment gehörenden Rühmkorf Selbstzweifel, die mitunter in Larmoyanz ausarten. Das ist nicht weiter schlimm, schließlich setzt sich letztendlich Rühmkorfs Hang zu Witz und Selbstironie durch.

Schon seit seinen frühen Lyrikarbeiten besticht er durch seine treffenden Persiflagen. In den Tagesaufzeichnungen nimmt er nicht nur sich, sondern auch Freunde sowie das gesamte intellektuelle Personal der damaligen BRD (Rudolf Augstein, Klaus Rainer Röhl, Ulrike Meinhof, Martin Walser) ins Visier. (dog/DER STANDARD, Printausgabe, 27.04.2005)