Werden den Abgeordneten im Bundesrat die Sinne vernebelt? Oder ist dort tatsächlich ein Bodensatz Ewiggestriger und unverbesserlicher Geschichtsverfälscher vertreten? Werden die Bundesländer dort tatsächlich durch Leute repräsentiert, die dem Dritten Reich nachtrauern und dessen Verbrechen leugnen oder verharmlosen? Offensichtlich. Und das ist nicht duldbar. Diese Leute liefern nun ganz andere Argumente, den Bundesrat am besten einfach aufzulösen.

Offensichtlich war die FPÖ eifersüchtig auf den "Fall Kampl", mit dem das BZÖ derzeit die Länderkammer erschüttert. Nach Siegfried Kampl, der Whrmachtsdeserteure als "Kameradenmörder" bezeichnete, der keinen Unterschied zwischen der "Diktatur" vor und nach 1945 sieht und der die "brutale Naziverfolgung" nach Kriegsende beklagt, stellt nun sein freiheitlicher Kollege John Gudenus die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich infrage. Wir schreiben das Jahr 2005. Wir begehen ein Gedenkjahr. Heute ist der 60. Geburtstag unserer Republik.

Kampl und Gudenus gehören umgehend aus ihren politischen Ämtern entfernt. Sie sind nicht tragbar, und darüber darf es keine Diskussionen geben. Es ist schon ärgerlich genug, dass mittlerweile seit gut einer Woche darüber spekuliert werden muss, ob Kampl tatsächlich wie vorgesehen am 1. Juli Präsident des Bundesrates wird. Das famose BZÖ, über das der Koalitionspartner ÖVP treu schützend seine Hand hält, hätte Kampl längst zu einem Rückzug bewegen müssen. Das politische Kalkül, das die ÖVP antreibt, dem zarten Pflänzchen BZÖ nicht schon in der schwierigen Anfangsphase Probleme zu bereiten, weil man es noch als Mehrheitsbeschaffer braucht, ist nicht zu tolerieren. Die ÖVP macht sich mitschuldig, wenn sie Leute wie Kampl schützt und dadurch Leute wie Gudenus antreibt. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.4.2005)