Wien - Eigentlich müssten Umweltexperten alarmiert sein: Die erst vor wenigen Jahrzehnten entdeckten und seither eingehend erforschten so genannten Schlammvulkane in der Tiefsee und an den Kontinentalabhängen blasen kontinuierlich große Mengen des Treibhausgases Methan ins Wasser. Wie viel des Gases tatsächlich an die Oberfläche und damit in die Atmosphäre gelangt, sollen nun weitere Forschung klären, sagte Antje Boetius vom Max Planck Institut für Meeresmikrobiologie in Bremen bei der Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU).

Schlammvulkane sind eigene Ökosysteme, teilweise vor Leben wimmelnde Inseln in der ansonsten eher lebensfeindlichen Umgebung der Tiefen der Meere, wo kein Licht mehr hinkommt. Im Gegensatz zu sonstigen Vulkanen spucken die Gebilde weder Feuer noch Lava, sondern Schlamm und Gas. Das Gas besteht hauptsächlich aus Methan, das - so vermuten die Wissenschafter auf Grund der hohen Temperaturen - tief aus dem Inneren der Erde kommt. Teilweise sind es Mikroorganismen, die aus vorhandenen Kohlenwasserstoffen - etwa Erdöl - Methan bilden, es gibt aber auch chemische Mechanismen, so Boetius.

Bakterienheere

An den Austrittsstellen am Meeresgrund finden sich dann Heere von Bakterien, die im Stande sind, das Methan gleichsam als Nahrung zu verwenden. Von den Bakterien wiederum lebt eine ganze Anzahl von hoch spezialisierten Tieren, etwa Würmer oder Krebse. Die Lebensgemeinschaften sind für die Forscher von besonderem Interesse. So ist bis heute ein Rätsel, warum sich in Schlammvulkanen weltweit sehr oft ähnliche und sogar gleiche Arten finden. Wie die Tiere vom Mittelmeer etwa in den Golf von Mexiko gelangen, ist ungeklärt und Gegenstand laufender Forschungen.

Mittels eigener entwickelter Messgeräte wollen die Wissenschafter auch klären, wie viel Methan aus den Vulkanen in die Umwelt gelangt. Klar ist, dass von den Bakterien an den Austrittsstellen nur ein geringer Teil verwertet wird. Der Rest bleibt vorerst im Wasser, wird zum Teil zu Kohlendioxid abgebaut und dieses wiederum von pflanzlichem Plankton aufgenommen. Sterben die winzigen Planktonorganismen ab, sinken sie zum Meeresgrund.

Orte

Die Suche der Vulkane im Meer ist schwierig, bekannt ist aber, dass sie sich gehäuft in Gebieten finden, die auch Erdöl enthalten. Mittels bemannten und unbemannten U-Booten werden die Karten der Meeresböden laufend um neu gefundene Schlammvulkane erweitert. Jüngste Funde der Forscher gelangen etwa vor der Küste Ägyptens im Bereich des Nil-Deltas. (APA)