Vor zehn Jahren hat Johann Kresnik dem damaligen Tanztheater gezeigt, was ein wahrhaft wilder "Othello" ist. Premiere war am 1. Juli 1995 im Stuttgarter Theaterhaus. Den Othello gab damals unvergesslich Ismael Ivo. Im August desselben Jahres war das Stück auch bei ImPulsTanz in Wien zu sehen. Nun nehmen sich der Choreograf Peter Breuer und sein Dramaturg Michael A. Sauter am Salzburger Landestheater des Stoffes an. Den Part des Othello tanzt hier Alexander Pereda. Wie vor einem Jahrzehnt geht es auch jetzt wieder um einen Transfer der Shakespeare-Tragödie in zeitgenössische Zusammenhänge mit ihren veränderten Familienstrukturen und geopolitischen Begriffen, mit einer virtuellen Fernsehwirklichkeit, mit Image-Neurosen, Werbeglück und dem permanenten Austausch von Schein und Sein.

Dementsprechend auch die Musikauswahl, die zwischen Pop von einst und Pop von jetzt, von Verdi zu Abba, von Puccini zu Madonna, schwankt. Othello wird als Mann für jeden Einsatz gedeutet, dessen Schwächen verdrängt werden, Desdemona ist nicht so unschuldig wie gewünscht, und Jago blickt neidisch auf die Erfolge der anderen. Das gibt den Zündstoff, der die Szenerie shakespearehaft eskalieren lässt. (ploe, DER STANDARD, Printausgabe vom 23./24.4.2005)