Alois Allinger drillt Hubert Talos und Halbturn-Küchenchef Roland Schupfer auf die Linie des Meisters vom Attersee (von rechts nach links).

Foto: Standard/Corti/Fischer
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An sich macht Carlo Wolf ja keine halben Sachen. Wenn der Genussextremist (Rungis Express, LandArt, WeinArt ...) etwas Neues auf die Beine stellt, dann kommen rheinländische Gründlichkeit, gastronomisches Savoir-faire und manischer Qualitätsanspruch zum Einsatz, was beim p. t. Publikum noch jedes Mal für ausgiebige Durchlüftung der Kinnladen gesorgt hat.

Dass Wolfs erstes Gastro-Projekt nach dem abrupten Ende seines Restaurants Tanglberg (von null auf drei Hauben und retour) ausgerechnet im Eichenholzdekor eines burgenländischen Ausflugrestaurants stattfindet, hat deshalb keiner erwartet. Aber schön der Reihe nach.

Sein bislang letzter Streich war die radikale Neuorientierung von Schloss Halbturn, einem der größten, prächtigsten und inzwischen auch spannendsten Weingüter Österreichs. Wolfs erklärtes Ziel ist die internationale Spitze, schon jetzt sind die Halbturn-Weine Seriensieger bei nationalen wie internationalen Verkostungen.

Zur glücklichen Vollendung des Gesamtkunstwerks aber fehlte noch entsprechende Verpflegung. Da die Küche des Schlossrestaurants dem nicht entsprach, wurde der Pachtvertrag gelöst - und erst einmal abgewartet. Dann liefen sich Wolf und das junge Ehepaar Stefanofsky über den Weg - er ein kulinarisch gebildeter Werbefilmer mit der Sehnsucht nach "ehrlicher Arbeit", sie Kleßheim-Absolventin mit der nötigen Konzession.

Man fand schnell den richtigen Draht, fasste und besiegelte einen ehrgeizigen Plan: Unter Wolfs Ägide wird ein zeitgemäßes Schlosshotel mit zwei Restaurants entstehen, von denen eines völlig neue Standards in Sachen Luxus setzen soll (siehe Interview). Baubeginn wird im Herbst sein, ab Sommer 2006 geht es dann richtig los.

Damit den Beteiligten nicht fad wird und die Terrasse im atemberaubenden Schlosshof auch in diesem Sommer genossen werden kann, gibt es im angejahrten Schlossrestaurant ab sofort ein Wirtshaus, das zwar nicht nach Wolf aussieht, in dem aber Wolf drin ist.

Koch Roland Schupfer ist kaum 22 Jahre jung, kann aber kochen wie ein Großer. In der ersten Woche war Alois Allinger, der LandArt-Küchenchef, vor Ort, um den ebenso virtuosen wie schnörkellosen Stil der Wolf'schen Kulinarik abzusichern.

Der knusprige Kalbskopf mit Erbsen, Kochsalat und Arganöl-Vinaigrette ist eine Sensation, die geschmorten Teile vom Atterochsen, ob als fantastisches Gulasch oder Steak "Esterhazy", zeigen Rest-Österreich, wie ausgewachsenes Rindfleisch schmecken kann. Mit gnadenlos guten (und geilen) Somlauer Nockerln verneigt die Küche sich zum Abschluss mit aristokratischer Eleganz vor dem kulinarischen Erbe der Region.
(Severin Corti/Der Standard/rondo/22/04/2005)