Wien - Mit Unterstützung aus Frankreich hat das Agrarbündnis Österreich, ein Zusammenschluss von 18 Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft und Konsumentenschutz, am Dienstag in Wien auf die Probleme kleiner bäuerlicher Betriebe vor dem Hintergrund der liberalisierten Agrarmärkte aufmerksam gemacht. Der durch spektakuläre Protestaktionen bekannt gewordene französische Globalisierungskritiker und Bauernführer José Bové verurteilte dabei die Landwirtschaftspolitik der Europäischen Union und der Welthandelsorganisation (WTO). "Die Bauern wollen von ihrer Arbeit leben, nicht von einer Finanzlogik, die man sich auf EU-Ebene ausgedacht hat", forderte Bové faire Preise für landwirtschaftliche Produkte.

Alle zwei Stunden sperrt ein Bauernhof zu

Laut dem Agrarbündnis sind zwischen 1997 und 2003 4.320 Bauernhöfe in Österreich verloren gegangen, vor allem die Zahl der Nebenerwerbsbauern sei drastisch gesunken. "Nahezu alle zwei Stunden sperrt ein Bauernhof in Österreich für immer seine Hoftür", sagte Elisabeth Baumhöfer vom Agrarbündnis, "der Trend setzt sich durch die EU-Agrarpolitik weiter fort". Die politische Orientierung am Weltmarkt und an der WTO führe dazu, dass die Produktionskosten der Bauern nicht mehr gedeckt, und sie daher stark von Subventionen abhängig seien. Das Einkommen der österreichischen Bauern werde zu 80 Prozent aus öffentlichen Geldern finanziert.

Die Landwirtschaftspolitik Brüssels sei "schlichtweg eine Katastrophe" zunächst für die europäischen Bauern, in der Folge aber auch für die Konsumenten, die Bauern weltweit und für die Umwelt, führte Bové aus. Den früheren EU-Agrarkommissar Franz Fischler nannte er einen "Zerstörer der europäischen Landwirtschaft".

"Je mehr die landwirtschaftliche Produktion industrialisiert wird, desto mehr entfernt sie sich von dem, was die Konsumenten wollen", warnte der Mitbegründer der linken Bauernverbandes "Confederation paysanne" und Europa-Sprecher des internationalen Bauernnetzwerkes "Via campesina". "Die industrielle Produktion ersetzt die natürliche Vielfalt und zerstört auch die Umwelt."

Kritik an "Betriebsprämie"

Baumhöfer kritisierte die Entscheidung Österreichs im Zuge des neuen EU-Fördermodells, wonach die Agrarsubventionen nicht mehr an die Menge der Produktion gekoppelt sein sollen, eine so genannte Betriebsprämie auszubezahlen. Gerade jene Betriebe, die zwischen den Jahren 2000 und 2003 am intensivsten gewirtschaftet hätten, würden die höchsten Prämien bekommen; jene, die extensiv und umweltgerecht gewirtschaftet hätten, wenig Unterstützung.

Bové attackierte die Regelung der EU, wonach ab dem kommenden Jahr mit Fördermittelrechten gehandelt werden darf. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei den Subventionen um Steuergelder handle, sei die Spekulation damit "absurd". "Die Privatisierung des öffentlichen Geldes ist ein Skandal", wetterte er. (APA)