Frankfurt - Die Milch macht's? Auch für deutsche Bauern schon lange nicht mehr. Immer stärker drücken die mächtigen Supermarktketten und Discounter den Preis. Immer mehr Höfe halten dem Druck nicht stand.

Als die Supermarktkette Real kürzlich mit einem "Wahnsinnspreis" von 33 Cent pro Liter Milch warb, platzte den Bauern von Flensburg bis Freiburg der Kragen.

Mit Traktoren, Kühen und Transparenten zogen sie vor die Filialen, um gegen die "Dumpingpreise" zu protestieren. Von den 58 Cent, die der Kunde derzeit im Bundesschnitt im Geschäft für den Liter Milch zahlt, bekam der Bauer zuletzt knapp 28 Cent - so wenig wie seit gut 15 Jahren nicht mehr.

"Schmerzgrenze ist erreicht"

"Die Schmerzgrenze ist erreicht", sagt Michael Lohse vom Deutschen Bauernverband. Bei Kosten von 32 bis 36 Cent je Liter zahlten viele Landwirte drauf. Mit einem durchschnittlichen Einkommen von 1400 bis 1600 Euro im Monat bildeten die Milchbauern ohnehin das Schlusslicht aller Landwirte.

Angesichts der Marktmacht von 120 Molkereien und den sechs großen Einzelhandelskonzernen Aldi, Lidl, Metro, Rewe, Tengelmann und Edeka ließen sich die 114.000 oft kleinen Milchbetriebe "gut gegeneinander ausspielen", so Lohse. Rund 7000 Milchbauern haben im vergangenen Jahr aufgegeben.

Daran wird sich wohl so schnell nichts ändern. Zumindest hat sich die Branche kurzfristig auf weiter sinkende Preise eingestellt. "Wenn Aldi den Liter Milch um 55 Cent anbietet, wollen andere das noch unterbieten", sagt Lohse. Gewinner der Preisschlacht sind derzeit die Verbraucher.

"Milch wird nicht schlechter"

"Denn nur dadurch, dass der Händler den Preis drückt, wird die Milch nicht schlechter", sagt Jochen Wettach, Lebensmittelchemiker der Stiftung Warentest. Zwischen Billigware und den teuren Markenprodukten konnten die Tester keinen Qualitätsunterschied feststellen. Biomilch habe jedoch für viele einen ethischen Wert.

Für Bauernpräsident Gerd Sonnleitner ist klar: "Die Milchpreise müssen steigen." Fünf Cent pro Liter mehr wären optimal. Bei einem Liter Milch am Tag koste das laut Lobbyisten die Verbraucher 1,50 Euro mehr im Monat. Wahrscheinlich ist jedoch selbst diese Minimalpreiserhöhung nicht.

Abgesehen von der Überproduktion und der schlechten Verhandlungsposition der Bauern spricht auch die bereits beschlossene Erhöhung der EU-Milchquoten um 1,5 Prozent für einen weiteren Rückgang der Preise. Niemand kann aber sagen, auf welches Niveau die Preise fallen werden und für wie lange. (AFP, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.04.2005)