HOT HOT HEAT Elevator
(Warner)
Die kanadische Band um den ständig hysterisch mit seiner Stimme kippenden Sänger Steve Bays hat sich nach Make Up The Breakdown aus 2002 auch dieses Mal wieder auf eine mit zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und schnodderigem Gesang festgelegte Basis berufen, die jene derzeit angesagte, zweckdienlich einfach gehaltene Zackigkeit vertritt, die man Ende der 70er-Jahre auch schon einmal frischer erlebt hat: XTC, Joe Jackson, frühe Wire. Man darf zwar laut allgemeiner Lesart junge Menschen nicht mit historischen Vergleichen quälen, aber: Das alles war schon einmal als Gegenkonzept zum herkömmlichen Rock'n'Pop da - und der geistige Diebstahl auf mittlerer Qualitätsebene wird nicht besser, wenn man so tut, als ob das Heute kein Gestern kennt. Auch die neuen, technisch durchwegs professioneller als von den Vorbildern interpretierten Songs können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich hier jemand eher weniger als mehr eigene Gedanken gemacht hat.

Foto: Plattencover

KAISER CHIEFS Employment
(Universal)
Alte Schläuche, junge Säcke: Die britischen Schuluniformträger hätten möglicherweise schon vor zehn Jahren dieses Debüt abgeliefert, wenn sie damals schon länger aufbleiben hätten dürfen. Immerhin konstantiert man hier trotz beherzter und ewigjunger Vorgangsweise gegen die Instrumente eine geradezu liebevolle Wiederaufbereitung des damaligen Songmaterials der großen Blur. Vorwärts drängender, schrabbeliger Gitarrenpop mit primitiven Analog-Synthesizern trifft auf punkige Gitarren und eine Lederkrawatte im Kopf, die man selbst mit angezogenem Betriebstempo dieses stilistischen Staubsaugers nicht wirklich zur Gänze schlucken kann. Der Sänger agiert eher uncharismatisch. Das ist aber egal.

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THE BRAVERY The Bravery
(Universal)
Junge Gesichter, alte Geschichten die dritte: Die New Yorker Band wird gerade in Großbritannien (dank des Sängers speziell auch von Kate Moss) heftig abgefeiert. Kein Wunder, sie verbindet belanglos barocke britische New-Wave-Spielereien im Stile von Synthesizer-Schmonzetten Duran Durans mit einer erdigeren Rockerhaltung aus dem auch schon wieder längere Zeit von Lumpen-Boheme Richtung Kreditkarten-Schick gehenden East Village. Neben zart idiotischen Friseusen-Irokesen über DDR-Grenzschutz-Uniformjacken und Kajalstift-Schweinsaugen kommt dabei wenig mehr als Gesichts- oder Geschichtspflege heraus. Die kennt abseits fehlender eigener Ideen nur Eines, penibel durchgedroschenen Rock'n'Roll in Kombination mit weinerlichem Bono-Vox-auf-Gothic-Gesang. Dagegen wirken The Cure wie frisch exhumierter Chichi-Metall. Jedenfalls: alles Gute!

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GARBAGE Bleed Like Me
(Warner)
Während der Arbeiten für dieses neue Album hätte sich die schottisch-amerikanische Alternative-Rock-Institution um Chef-Kajalistin und Sängerin Shirley Manson und den alten Grunge-Haudegen und Starproduzenten Butch Vig wegen künstlerischer Differenzen und/oder Langweile beinahe aufgelöst. Einmal ist es jetzt noch gut gegangen. Immerhin konnte alle aufgestaute Frustration hörbar in Zorn und damit in relevantere Ergebnisse als all die Jahre zuvor umgewandelt werden. Manchmal klingt all diese FM 4-tagesverträgliche Langeweile tatsächlich wie richtige Musik abseits von alternden Nirvana-Fans, die das alles freiwillig im Auto während Dienstfahrten hören.

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MAXIMO PARK Apply Some Pressure
(Warp)
Bevor das Album kommt und der Hype losbricht: die jungen britischen Anzugträger grenzen sich auf dieser EP von ihren bis dato ungleich erfolgreicheren Kollegen Franz Ferdinand insofern ab, als sie nicht von Gang of Four oder XTC ihre "Einflüsse" beziehen, sondern von den altvorderen Mod-Punks Paul Weller und The Jam. Das bedeutet: forscher wie akzentuierter Gitarrenpop von Twens mit einer Neigung zu schweren Tönen im Stile von The Who. Diese Woche die Sieger. (Christian Schachinger, DER STANDARD, rondo, Print-Ausgabe, 15.4.2005)

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