Wien - Der Verband der institutionellen Immobilieninvestoren reklamiert in die Wohnrechtsnovelle 2005 die Abschaffung der gesetzlich festgelegten Mietzinsbildung bei Geschäftslokalen in Altbauhäusern. Statt der noch aus 1917 geltenden kaiserlichen Notverordnung wollen die Investoren die Miete für Geschäftslokale, Büros etc. alle 15 Jahre bzw. beim Über- oder Unterschreiten eines Schwellenwertes auf das jeweils geltende Marktniveau anheben. Derzeit können Geschäftsmieten nur beim Tod des Mieters, bei Verpachtung oder Veräußerung angehoben werden.

Immofinanz-Chef und Verbandspräsident Karl Petrikovics meinte, besonders krass sei die Situation im ersten Wiener Gemeindebezirk: Am Opernring bezahlen die Geschäftsmieter in Altbau zwei bis drei Euro/m², während der Marktpreis bei 15 Euro liege. Er hofft auf Unterstützung von der Regierung und eine ähnlich liberale Haltung wie bei der Steuersenkung.

Dass die Geschäftsraummieten tatsächlich freigegeben werden, wird von Juristen jedoch als sehr unrealistisch eingeschätzt. Ihr Gegenargument: Das Kleingewerbe gehöre geschützt, und mit solchen Maßnahmen würde man es nur umbringen. Dem widerspricht Gottfried Call von der Universität Innsbruck, der den Greißlerschutz als "falsch verstandenen Denkmalschutz" interpretiert, zumal heute es keine Jugendliche mehr gebe, die diesen Beruf ausüben.

Übergangsfrist 15 Jahren

Norbert Hanel, Universitätslektor in Wien, argumentiert, dass mit der Annäherung an die Marktmiete etwa bei sterbenden Geschäftsstraßen auch eine Herabsetzung des Mietzinses bedeuten könnte. Bei bestehenden Verträgen, die bereits angehoben wurden, wird eine Übergangsfrist von 15 Jahren mit einem Schwellenwert von zehn Prozent nach oben oder unten empfohlen. Bei Verträgen, die noch nicht erhöht wurden, sollte die Anhebung nur in 15tel-Schritten erfolgen.

Für Petrikovics ist es unverständlich, "dass man als Geschäftsmann zwar die Leasingrate für seinen Fuhrpark oder die Preise für nötige Rohstoffe frei nach Angebot und Nachfrage vereinbaren kann, die Höhe der Geschäftsmieten aber vom Gesetzgeber mehr oder minder strikt vorgeschrieben wird". Das stehe in krassem Gegensatz zum unternehmerischen Handeln.

Über die Zahl der tatsächlich betroffenen Altmietobjekte, die von einer Reform erfasst wären, gibt es bestenfalls grobe Schätzungen. "Gefühlsmäßig und aus dem Bauch heraus sind es vielleicht 100.000 Objekte, aber legen Sie mich nicht darauf fest", sagte Call. (cr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.4.2005)