Luxemburg - Die EU-Kommission hätte dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) nicht pauschal die Einsicht in die Akten zum so genannten "Lombard-Klub", einem bis nach dem EU-Beitritt aktiven Kartell österreichischer Banken, verweigern dürfen.

Vielmehr hätte die Einsichtsfähigkeit der einzelnen Akte geprüft werden müssen, entschied das Europäische Gericht erster Instanz am Mittwoch in Luxemburg. Damit wurde die pauschale Entscheidung der EU-Kommission für nichtig erklärt.

Kartellstrafe

Die EU-Kommission hatte gegen österreichische Banken eine Kartellstrafe verhängt. Der VKI führt gegen die Bawag, eine der verurteilten Banken, Zivilrechtsprozesse und verlangte Einsicht in die Unterlagen der Lombard-Entscheidung, um die eigene Position zu untermauern.

"Das Urteil des EU-Gerichts bedeutet im europäischen Zivilprozess, dass Unternehmen, die gegen Wettbewerbsregeln verstoßen, in Zukunft damit rechnen müssen, Geschädigten belastende Dokumente offen zu legen", so VKI-Rechtsanwalt Alexander Klauser. Die EU-Kommission hat nun zwei Monate Zeit, gegen das Urteil zu berufen.

Sonst muss sie dem VKI eine detailliertere Antwort geben. "Wir müssen genau untersuchen, wie wir das Urteil umsetzen", sagte daraufhin Jonathan Todd, der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes.

Verjährung droht

Der VKI vertritt in mehreren Prozessen österreichische Kreditnehmer, die manchen heimischen Banken vorwerfen, sie hätten variabel vereinbarte Kreditzinsen in den Jahren ab 1992 künstlich hoch gehalten. Die Konsumentenschützer haben bereits im Sommer 2002 einen Antrag auf Einsicht in rund 40.000 Seiten Aktenmaterial gestellt. Das Verfahren dauere schon so lange, dass in Österreich Verjährung droht.

Die AK fordert nun eine Änderung des geplanten österreichischen Kartellgesetzes: Laut Entwurf sollten Einsichtnahmen in den Kartellakt nur mit Zustimmung der Parteien möglich sein. (APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.04.2005)