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Klára Ungár
Foto: Archiv
"Es ist einfacher, wenn ich sage, dass ich lesbisch bin, als wenn es andere über mich sagen". Mit dieser Äußerung sorgte Klára Ungár am Internationalen Frauentag im ungarischen Fernsehen für Aufsehen. Während das Coming Out der ersten ungarischen Politikerin für die lesbisch-schwule Community einen historischen Meilenstein bedeutet, löste es in der politischen Arena Ungarns heftige Diskussionen aus. Vom klaren Karriere-Hindernis bis zum drohenden Absägen der Politikerin war die Rede.

Die ungarische Sozialistin Erika Németh meinte beispielsweise, dass Offenheit die Sexualität betreffend ausgesprochen von Nachteil sein könne und führte als Beispiel einen kanadischen Politiker an, der nach seinem Outing nicht wiedergewählt worden ist, obwohl seine Partei hinter ihm stand. Laut Kálmán Katona, MDF, sei ein Outing nicht nur hinsichtlich der WählerInnen, sondern auch der Parteien ein Hindernis: "In Ungarn kann sogar von Nachteil sein, wenn jemand zweifach geschieden ist", sagte Kálmán auf die Frage, ob Homosexuelle in Ungarn MinisterInnen werden können.

Klára Ungár hatte sich bereits im Jahr 2001 in einem offenen Brief an Ibolya Dávid, den Vorsitzenden der MDF (Ungarisches Demokratisches Forum, konservative Partei) und an István Tarlós, den Bürgermeister von Óbuda gewandt, die sich beide gegen Veranstaltungen mit schwul-lesbischer Thematik im Rahmen des Insel-Festivals ausgesprochen hatten. In ihrem Brief, der auch in der Zeitschrift Élet és Irodalomban publiziert wurde, schrieb sie in erster Person über die Ausgrenzungen, denen Lesben und Schwule ausgesetzt sind.

"Ein Politiker muss immer den Mund aufmachen"

In einem Interview in der ungarischen lesbisch-schwulen Zeitung Mások vom April 2005 antwortete sie auf die Frage, ob es wichtig sei, dass PolitikerInnen sich outen: "Es war einfach wichtig, etwas zu sagen. Ein Politiker muss immer den Mund aufmachen, wenn irgendeine Grupe offene oder verdeckte Diskriminierung erfährt. Und wenn nötig, muss man mit Rechtsmitteln und finanziellen Mitteln dagegen angehen. Bei der sichtbaren Diskriminierung ist es einfacher. Es ist schwieriger, wenn die Diskriminierung nur schwer fassbar ist. In solchen Fällen tun diejenigen, die eine öffentliche Rolle innehaben, die allgemein bekannt sind und direkt betroffen, wirklich gut daran, den Mund aufzumachen und zu sagen, dass schwul oder lesbisch zu sein ebenso eine Daseinsform ist, wie hetero. Das würde viel bewirken."

Dass die Mehrheit der PolitikerInnen ein Coming Out nicht gutheißt, es sogar als Exhibitionismus sieht, ist Klára Ungár vertraut: "Ich meine auch, dass das Privatleben die Öffentlichkeit nichts angeht, aber in einer Gesellschaft, die so voller Vorurteile ist, wie die unsere, muss man wirklich darüber reden. Wenn die Leute im Allgemeinen eine normale Einstellung zur Sexualität hätten, wäre das eine absolute Privatsache. Aber so weit sind wir noch nicht".

Offenheit hält die Politikerin auf jeder Ebene ihres Lebens für selbstverständlich. Angesprochen darauf, ob ihr 21-jähriger Sohn über ihre sexuelle Orientierung schon immer Bescheid wisse, antwortete sie: "Er weiß es, seit es da etwas zu wissen gab, weil ich nicht die Absicht hatte, in meiner eigenen Wohnung etwas zu verbergen. Abgesehen davon meine ich nicht, dass man sein Anderssein vor den Kindern verheimlichen muss, so wie auch vor der Aussenwelt nicht. Nur derjenige Politiker ist angreifbar, der etwas zu verheimlichen hat. Und das halte ich nicht für rational. Ausserdem würden mein Stolz und meine Würde sehr darunter leiden. Ich mag es nicht, wenn meine Freiheit eingeschraenkt wird". (dabu)