Ein Schlüssel dazu, was man sich unter "Cubanidad" jenseits von pauschal organisierten Körperertüchtigungsfahrten zu den Hausmeisterstränden Kubas samt dem dazugehörigen offiziellen, wie spezielleren, inoffiziellen Animationsprogrammen vorzustellen hat, findet sich im Kunstblättersaal des Wiener Museums für angewandte Kunst: ¡LA CUBANIDAD!, ein Blick über 60 Jahre kubanischer Plakatkunst.

The Cuban Art Space

Mit kubanischer Identität hatten die Sujets unter dem Batista-Regime klarerweise wenig zu tun. Im Gegenteil: Der (Vergnügungs-)markt Kuba galt als Testgelände für die internationale, also amerikanische Filmindustrie. Das Bild vom Kubaner galt als Prototyp des Lateinamerikaners. Dementsprechend angelegt waren die Plakate. Was auf Kuba funktionierte, sollte auch in der Restregion seinen Zweck erfüllen.

Allein, es gelangte zu einer Revolution. Und fortan galt es, Plakate zu entwerfen, deren Zweck nicht im Verkauf von Importware, sondern im der Überzeugungsarbeit für die gerechte Sache begründet lag.

The Cuban Art Space

Was durchaus hieß, einen glaubwürdigen Gegenentwurf zur Kombination von Armut, Santeriá und der Sehnsucht nach chrombesetzten Buicks zu finden.

Als Erster definierte ein gewisser Eladio Rivadulla die neuen Standards: über Nacht. Er gestaltete am Silvesterabend des Jahres 1959 das im besten Sinn plakative Porträt Fidel Castros. Und der Wiedererkennungswert des Rot / Schwarz-Hammers gab ihm Recht. Seitdem gilt er als Gründer der kubanischen Revolutionsgrafik. Und nur kleinliche Kunsthistoriker bringen ihn, die Ästhetik betreffend, in die Nähe der auf diesem Gebiet nachgerade klassischen Polen.

The Cuban Art Space

Egal. Fortan galt es, nicht den Konsumenten zu locken, sondern den Bürger - egal ob männlich oder weiblich - tief in seine Empfängnisbereitschaft zu treffen. Schließlich konnte sich Castro jeder leisten, egal wie kaufkräftig er auch war. Und überhaupt ging es darum, aus der allgemeinen finanziellen Not eine prospektiv international umwerfende Tugend zu machen. Und also wurde den Führern Castro und Che Guevara in Siebdrucktechnik gehuldigt. Das war ebenso aufwändig wie ohne gröberes Gerät zu realisieren.

The Cuban Art Space

Und: Die neue Tugend provozierte Qualität. Starke Kontraste und der Zwang zur Beschränkung auf relativ einfache Umsetzung der Motive, führten beinahe zwangsläufig zur Produktion von Symbolen und Ikonen (linientreuen wie auch kritischen). Als das Beispiel dafür gilt Alfredo Rostgaards Plakat zur Erinnerung an den gewaltsamen Tod des kubanischen christlich-militanten Guerilla-Priester Camillo Torres.

The Cuban Art Space

Einen bis heute ungebrochenen globalen Erfolg auf verschwitzten T-Shirts oder aber auch bösen Pret-à-porter-Fetzen feiert das Che-Portrait nach einer Fotografie von Alberto Korda. Es zeigt, wie sich Revolutionsromantik, ebenso wie alles andere auch, fabelhaft vermarkten lässt. (Markus Mittringer/Der Standard/rondo/8/4/2005)

MAK-Kunstblättersaal, Stubenring 5, 1010 Wien,
Bis 10. Juli 2005

The Cuban Art Space