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Noch vor einem Monat schien klar, dass Hilmar Kabas seine politische Zukunft bereits hinter sich hat. Nun aber ist der tollpatschige 63-Jährige nicht nur auch für ihn überraschend an die Parteispitze der FPÖ getrieben worden, er schreibt sogar ein Stück blaue Geschichte: Hat er doch den historischen Akt gesetzt, mit Jörg Haider sein einstiges Idol und den Mann, der Aufstieg und Fall der Freiheitlichen geprägt hat, aus der Partei auszuschließen. Große, dem Anlass entsprechende Worte machte Kabas dazu nicht. Erstens ist er nur Interimschef und quasi Pausenfüller zwischen Ursula Haubner und Heinz-Christian Strache, zweitens war er nie als Gigant der Rhetorik bekannt.

Seinen unerwarteten und kurzfristigen Aufstieg an die FPÖ-Spitze hat Kabas nicht herausragenden Leistungen als schlicht der Tatsache zu verdanken, dass er das längstgediente Mitglied im FPÖ-Vorstand ist. Seit 1978 werkt Kabas als FPÖ-Politiker. Seine wechselvolle Karriere führte den Juristen vom Wiener Bezirksrat in den Nationalrat, in den Wiener Gemeinderat, in das Amt des nicht amtsführenden Wiener Stadtrates, zum Wiener FPÖ-Chef bis zuletzt auf den Posten des Wiener FPÖ-Klubchefs.

Trotz dieses langen Marsches durch die Ämter ist Kabas weniger durch politische Großtaten als durch, vornehm ausgedrückt, Skurrilitäten aufgefallen. Etwa durch seine Variationen von Lump-Hump-Dump: Der damalige Bundespräsident Thomas Klestil hatte Kabas 2000 als Verteidigungsminister abgelehnt - worauf ihn Kabas auf einer Parteiveranstaltung einen "Lumpen" nannte. Das dann aber in "Hump" oder "Dump" korrigierte. Einen anderen Höhepunkt seiner Bekanntheit erreicht Kabas durch die Torten-Affäre, als ihm bei einer Straßenveranstaltung eine Torte ins Gesicht geklatscht wurde. Unvergessen auch der Besuch im Wiener Rotlichtlokal Playgirl - den Kabas gar nicht lang dementierte, sondern als "Sicherheitslokalaugenschein" rechtfertigte. Weniger spaßig war Kabas' Verwicklung in die Spitzelaffäre.

Auch politisch hat Kabas einen langen Weg hinter sich: In seinen Anfangszeiten galt er als liberal angehaucht, organisierte später auch den Bundespräsidentschaftswahlkampf für Heide Schmidt. Spätestens als Wiener FPÖ-Chef war aber Schluss mit liberal, Kabas fiel durch gelbe Plakate mit "Stopp der Überfremdung" und scharfen Sagern gegen Asylwerber und Migranten auf. Auch in Knittelfeld war Kabas einer der Scharfmacher. Seit Kabas vor rund einem Jahr den Wiener FPÖ-Vorsitz an Heinz-Christian Strache übergab, war es ruhig um den Vater dreier Kinder geworden.

Bis er Montag als interimistischer FPÖ-Chef aus der politischen Versenkung auftauchte. Und noch einmal seine paar Minuten Ruhm genießt. (Eva Linsinger/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.4.2005)