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Sowjetische Soldaten im Kampf um Wien. Michael Häupl: ein "Wahnsinn von wenigen Tagen", als für das Naziregime schon alles verloren war.

Foto: APA/AdBIK/ROte Armee/4. Gardemuseum
Wien - Es ist eine Bilanz des Schreckens, des Unfassbaren. Die letzten Tage, als für das Naziregime in Wien schon alles verloren war - und immer noch Häftlinge aus dem Landesgericht und aus Stein geschunden, ermordet wurden. Oder als am 12. April 1945 neun Juden, die sich jahrelang verstecken hatten können - noch ein einem Bombentrichter erschossen wurden, wie Landtagspräsident Johann Hatzl in der Festsitzung des Wiener Landtages erinnerte.

Nur wenige Tage später der unglaubliche Kraftakt der Republiksgründung, der ohne Verkehrsmittel, ohne Telefon bewältigt werden musste - bis hin zum Staatsvertrag vor 50 Jahren: "Ich kann nicht leugnen, dass ich erst durch den Staatsvertrag zur überzeugten und in weiterer Folge auch aktiven Patriotin wurde", so die ehemalige Nationalbankpräsidentin Maria Schaumayer in ihrer Festrede am Mittwoch.

Man könne der älteren Generation keine kollektive Schuld zusprechen - genauso, wie es auch keine kollektive Unschuld geben könne, betonte Schaumayer. Wie auch Landeshauptmann Michael Häupl: "Es gibt keine guten und bösen Toten - es gibt nur das Verbrechen, das wir nicht ungeschehen und vergessen machen können." Häupl rief auf, "jede Form von Terror und Diktatur zu bekämpfen und auch im Vorfeld gegen Rassismus, Intoleranz und für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu kämpfen."

Häupl erinnerte an die darniederliegende Stadt von 1945, die 47.000 zerstörten Häuser, die ausgebrannten nationalen und kulturellen Symbole, die 60.000 im KZ ermordeten Wiener Juden, die zigtausenden gefallenen Soldaten und Zivilisten, "diesen unvorstellbaren Wahnsinn von wenigen Tagen in dieser sinnlosen Schlacht um Wien".

Häupl nützte die Stunde aber auch, um an Aufbau und Hilfsbereitschaft "in viel schwereren Zeiten" zu erinnern. Die aufgenommenen flüchtigen Ungarn, Tschechen, Polen, Rumänen, Kroaten, Bosnier: "Bewahren wir uns das Vermächtnis der offenen Herzen." (frei/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 4. 2005)