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Wien – "Gibt's Fragen? Ich weiß ja net, was ihr wissen wollt", grinste Bürgermeister Michael Häupl, um dann in ausgesprochen aufgeräumter, nahezu ausgelassener Weise die FPÖ-Spaltung und ihre Konsequenzen für Wien zu kommentieren.

"Großer" Kabas

"Der Kabas? Ich hab immer schon g'sagt, in dem steckt Großes, der wird noch einmal was. Wie er dort g'standen is' mit der Torte, habts alle g'lacht. Aber jetzt schauts schön."

Wunschszenario

Soweit zum Interims- FP-Chef Kabas. Und dass der "Chef der Wiener Alt-FPÖ, der Heinz-Christian Strache, auch die Bundesparteileitung der Uralt-FPÖ übernehmen könnte, ist für mich so etwas wie ein Wunschszenario. Dass mir das erfüllt wird, stimmt mich in Dankbarkeit." Einer Mitarbeiterin erlaubt Häupl dann noch nonchalant, sie könne ihr knalloranges Sakko auch weiterhin ruhig anbehalten: "Die 48er (Müllabfuhr, Anm.) werma auch net umg'wandln."

Dann zu den praktischen Fragen des politischen Lebens in Wien: "Wir haben ja schon Erfahrung damit, wenn sich ein paar Leute von der FPÖ abspalten. Wenn es genug sind, bekommen sie Klubstatus und natürlich auch Räumlichkeiten. Da werma nicht nur den FP-Klub abmauern und zwei Eingänge machen – vielleicht mit Schildern dran, damit die Bienchen richtig reinfliegen."

Wiener FPÖ vor Spaltung

Denn dass sich auch die Wiener FPÖ teilen wird, steht seit Dienstagmittag fest. "Ich will eine neue Heimat darstellen, mit echten Freunden und Kameraden", erklärte Günther Barnet, FPÖ-Gemeinderat und Mitarbeiter von Parlamentsklubchef Herbert Scheibner.

Als Soldat

Aber es ist ein Abschied mit Schmerzen; dass der Wiener FP-Chef Heinz-Christian Strache die Gründung von Haiders Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) einen "Verrat" genannt hatte, enttäusche ihn sehr: "Als Soldat macht mich das sehr betroffen." Aus Barnets Sicht sei bei Strache selbst die Kameradschaft schon lange abhanden gekommen.

Wer sich mit Barnet orange gefärbt von Strache abwenden wird, ließ er vorerst in nahezu biblischer Weise offen: "Ich will und kann für niemanden Zeugnis ablegen." Nur eines sei klar: "Die Leute werden durchdenken müssen, ob sie weiter in der FPÖ Wien verbleiben."

Name unbekannt

Um einen eigenen Klub im Wiener Rathaus gründen zu können, reichen drei der insgesamt 21 Mandatare aus, die die FP-Fraktion verlassen müssten. Offen ist laut Barnet derzeit aber selbst der Name der neuen Gruppierung – sie werde aber jedenfalls in Verbindung zum Bündnis Zukunft Österreich auf Bundesebene stehen.

Wiens Grüne bleiben angesichts der neuen Entwicklung gelassen. "Ob sich die FPÖ nun in Wien spaltet, umbenennt oder neu gründet, ist egal – der politische Wahrnehmungswert tendiert sowieso gegen null", sagt Grünen-Chefin Maria Vassilakou. Der Wiener VP-Klubchef, Matthias Tschirf, hält "alles für möglich" bei der Wiener FP. Barnet und Strache seien ja schon länger der "totale Gegensatz".

Terminfrage

Die eine, die entscheidende Frage, ließ Bürgermeister Häupl aber auch am Dienstag offen: Wann nun wirklich in Wien gewählt wird. Abhängig ist dies immer noch vom Bund. Grundsätzlich müssten aus Häupls Sicht "korrekterweise Neuwahlen ausgeschrieben werden. Dieser Regierung wurde die Grundlage entzogen." Andererseits "trau ich denen auch zu, dass sie weiterwursteln. Ich geh' davon aus."

"Absolut zeitliche Nähe"

Nur eines legt Häupl für den Fall der Fälle fest: "Wenn der Bund wählt, wird sicherlich in absolut zeitlicher Nähe auch in Wien gewählt." Ob in diesem Fall in Wien auch später gewählt werden könnte? "Sicher nicht."

Bei den Grünen und der ÖVP im Rathaus gibt man sich angesichts der dauernden Spekulationen über den Gemeinderatswahltermin kurz angebunden: Grünen- Chefin Vassilakou: "Ich bin dafür, die ganze Legislaturperiode in Wien durchzuarbeiten, gehe aber davon aus, dass der Bürgermeister einen Grund finden wird, vorgezogene Wahlen im Herbst anzusetzen." Tschirf sieht das ähnlich: "Es gibt keinen Grund, vorzeitig zu wählen." Die FP-Krise habe "keinerlei Auswirkungen" auf die Landesebene.

Keine Pisa-Studie

Was das für die FPÖ und ihren Ableger bedeuten könnte, legt der Bürgermeister Demoskopen in den Mund. "Das sag' ja nicht ich, sondern die Meinungsforscher: FPÖ und BZÖ nehmen sich gegenseitig die Stimmen weg – und im Wiener Gemeinderat haben wir eine Fünf-Prozent-Einstiegsklausel. Halbieren Sie einfach die Zahl Sieben – und das wär's. Das ist keine Pisa-Studie, sondern ein Grenzbereich der Politik." (Roman David-Freihsl, Peter Mayr, DER STANDARD Printausgabe, 06.04.2005)