Wien - "Die Zukunft der Scala sehe ich ganz, ganz grau." So
kommentierte der Direktor der Wiener Staatsoper, Ioan Holender,
am Montag Vormittag den am Samstag erfolgten
Rücktritt von Riccardo Muti als musikalischer Direktor der Mailänder
Scala. "Ich weiß ja, was dort alles für das Mozartjahr vorbereitet
wurde. Und ich weiß, wer aller nur wegen Muti dort auftritt", so
Holender. "Natürlich werde ich alles tun, um Muti so viel wie möglich
nach Wien zu holen, vor allem, was Mozart betrifft. Ich glaube, dass
die Staatsoper ihm näher steht als alle anderen Opernhäuser der Welt.
Wenn er etwas macht, dann wohl hier."
Keine konkreten Angebote: "Nicht mit der Tür ins Haus fallen"
Zunächst will der Staatsopern-Direktor, der mit Muti auch in den
vergangenen Wochen immer wieder in Kontakt stand, dem italienischen
Stardirigenten mit konkreten Angeboten jedoch "nicht mit der Tür ins
Haus fallen". "Ich fürchte, dass vorläufig eine große Depression und
Demoralisation bei ihm eingetreten ist, was für mich sehr
verständlich ist. Ich fürchte, er hat seit mehr als einem Jahr die
Situation realitätsfremd eingeschätzt. Ich habe ihn gewarnt. Dass
allerdings das Orchester etwas so Außerordentliches macht, nämlich
ihm in den Rücken fällt, kam absolut unerwartet." Dabei sei das
Scala-Orchester - ähnlich dem Orchester der Deutschen Oper Berlin
unter Christian Thielemann - vorwiegend seines Musikdirektors wegen
zu auswärtigen Gastspielen eingeladen worden.
Nachfolger sicher Italiener, aber wohl nicht Abbado oder Chailly
"Wer Muti an der Scala nun ersetzen kann, weiß ich nicht", so
Holender. "Ich glaube nicht, dass sich Claudio Abbado das noch
antut", und Riccardo Chailly werde Gewandhauskapellmeister in
Leipzig. Die Berufung eines Nicht-Italieners als Musikdirektor der
Scala hält Holender ebenso für ausgeschlossen wie die eines "nicht
sehr berühmten, aber sehr guten Italieners".
Irritation auch über Entwicklung in München
Während Holender die Vorgänge in Mailand "wenigstens versteht",
steht er bei den jüngsten Entwicklungen an der Bayerischen
Staatsoper, wo Christoph Albrecht im September 2006 seinen
Intendanten-Posten nun doch nicht antritt, vor einem Rätsel: "Das
habe ich überhaupt noch nie erlebt, dass man einen Intendanten
designiert und ihn dann auszahlt, noch ehe er überhaupt etwas falsch
machen konnte. Warum das auseinander ging, weiß ja nicht einmal der
Betreffende selbst." Die Wiener Staatsoper habe mit einer Hans Werner
Henze-Uraufführung und dem Gluck-Zyklus bereits konkrete gemeinsame
Planungen mit der Bayerischen Staatsoper gehabt. "Albrecht hat mir
nun geschrieben, er weiß nicht, ob das hält. Und ehrlich: Ich rechne
nicht mehr damit. Das wäre dann schon das zweite Mal, dass der
Gluck-Zyklus nichts wird..." (APA)