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Radonics Untersuchung führt die LeserInnen durch eine Kritik an manch feministischen Kritik an der Freudschen Psychoanalyse hin zum Thema Antisemitismus und Geschlecht.
Foto: Reuters/DEMIANCHUK
Auch mehr als fünfzig Jahre nach dem Entstehen zählen Horkheimers und Adornos Beiträge zur Antisemitsmusforschung "Studien zum autoritären Charakter" und "Elemente des Antisemitismus" zu deren Höhepunkten. Was die beiden Proponenten der Kritischen Theorie erarbeitet haben, stellt für Ljiljana Radonics Untersuchung den Ausgangspunkt dar, von welchem aus sie der Frage nachgeht, ob "die Frau" das friedfertige Geschlecht sei und das nicht antisemitische, wie von der Zweiten Frauenbewegung oft postuliert.

So nimmt Radonic Margarete Mitscherlichs Buch "Die friedfertige Frau" aus dem Jahr 1989 als Vorlage für den Titel ihres eigenen, und bricht (unter anderen) deren Theorien im Fokus der Kritischen Theorie und der Psychoanalyse. Mit einem Resultat, das nicht dem Opferbild überein stimmt: der "psychische Gewinn" und die narzisstische Aufwertung über den Antisemitismus hätte sehr wohl auch bei Frauen funktioniert. Auch Frauen hätten Interesse an der "Schiefheilung" über Antisemitismus, Interesse an Verdrängung und Projektion. Der weibliche autoritäre Charakter nehme sich nur in den auf "die JüdInnen" projizierten Inhalten vom männlichen aus.

Aufschlussreich erliest sich Radonics Studie hinsichtlich der Verknüpfung einer aktualisierten Leseart Freudscher Begrifflichkeiten, die Anwendung findet in Geschlechtertheoretischem damals und der neuen Frauenbewegung - welcher die Autorin in einem Bedürfnis nach positiver Identitätsstiftung bis hin zur Verharmlosung der NS-Verbrechen zuschreibt. Ihr abschließender Rat: Verantwortung über eigenes Handeln übernehmen und die Unpersonifizierbarkeit gesellschaftlicher Zwänge erkennen, worauf sie sich auf die Patriarchatstheorie bezieht - ein anderer Zugang zur Auseinandersetzung mit Macht und Geschlecht, die auf mehreren Ebenen spannend zu lesen ist. (bto)