Der Vorstand der RBI will die Großbank mittels Projekt Tom effizienter machen, auch ein Jobabbau ist die Folge.

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Die Szenen, die sich am Dienstag in der Raiffeisen Bank International (RBI) abgespielt haben, glichen jenen, die man aus amerikanischen Banken kennt. Mitarbeiter, in diesem Fall ausschließlich solche aus dem IT-Bereich, wurden in Viertelstundentakt von ihren Chefs darüber informiert, dass sie ihren Job los und dienstfrei gestellt sind, wurden zurück zu ihrem Schreibtisch begleitet, wo sie, unter Aufsicht, ungefähr 20 Minuten Zeit bekamen, um ihre sieben Sachen zu packen – und zu gehen.

Betroffen von dieser Aktion waren 50 Mitarbeiter aus der IT, die in der RBI-Zentrale in Wien-Mitte und an zwei weiteren Standorten tätig sind – bzw. waren. Sollten sie nicht binnen sechs Wochen einen anderen Job im RBI-Konzern finden, sollen einvernehmliche Kündigungen folgen.

Der Anlass für die Ereignisse hat einen Namen: Projekt Tom. Tom steht für "target operating model" oder "Zielbetriebsmodell". Ein Mitarbeiterabbauprogramm sei das aber nicht, erklärt ein Sprecher der Bank, der den Abbau der 50 IT-Leute bestätigt. Es gehe um ein neues Betriebsmodell, mit dem man "interne Abläufe im Headoffice optimiere".

Wie DER STANDARD erfahren hat, sollen weitere Personaleinsparungen folgen. Auch andere Bereiche werden gerade analysiert, in Summe dürften rund 200 Mitarbeiter abgebaut werden. Diese Zahl wird offiziell aber nicht bestätigt. Nicht Zahlen seien das Kriterium bei Tom, sondern es werde alles getan, um die Bank "agiler" aufzustellen.

Schneller, schneller

"Agilität" ist das Wort der Stunde bei der RBI: Man wolle schneller in kleineren Teams arbeiten, schneller den Kunden erreichen und schneller Produkte weiterentwickeln. "Wir müssen schneller werden, nicht zuletzt weil wir im Wettbewerb mit sehr dynamischen Konkurrenten wie Fintechs stehen", erklärt das ein RBI-Sprecher auf Anfrage.

Das Ziel dahinter hat Bankchef Johann Strobl jüngst auf der Hauptversammlung genannt: Die Cost-Income-Ratio, die das Verhältnis zwischen Kosten und Einnahmen widerspiegelt, soll von zuletzt 57,5 Prozent auf rund 55 Prozent im Jahr 2021 sinken.

Unmut der Belegschaft

In der RBI sorgen die Pläne des Vorstands für erhebliche Aufregung und großen Unmut. Die Bank ist in 15 osteuropäischen Ländern aktiv, hat rund 16 Millionen Kunden und beschäftigte im Vorjahr etwa 47.000 Mitarbeiter. 2018 fuhr das (2017 mit der Raiffeisen Zentralbank fusionierte) Institut ein Rekordergebnis von 1,4 Milliarden Euro ein (Ergebnis nach Steuern). Die Dividende wurde von 0,62 auf 0,93 Cent je Aktie erhöht. Mehrheitseigentümer der RBI sind ja die großen Landesbanken des Raiffeisensektors, sie halten fast 59 Prozent der Aktien. Der Rest des börsennotierten Unternehmens steht in Streubesitz.

Dass der Mitarbeiterabbau gerade nach einem Rekordjahr und einer kräftigen Dividendenerhöhung erfolgt, empört die Mitarbeiter – mehr noch aber der Stil, mit dem die ITler gegangen wurden. Das sei schon "sehr ungewöhnlich" für Raiffeisen, sagen Banker. Zudem sorgt für Verwunderung, dass in Zeiten der Digitalisierung gerade die IT betroffen sei, zumal in diesem Bereich auch jüngst noch Mitarbeiter aufgenommen worden seien. Es gebe aber auch da neue Anforderungen an die Leute (Stichwort: künstliche Intelligenz), setzt ein Sprecher des Unternehmens dem entgegen.

Der Betriebsrat hat intern per E-Mail reagiert. Er schreibt von "völlig unnötigem Zeitdruck", sollte das Vorgehen auch in anderen Vorstandsbereichen (als der IT; Anm.) Schule machen, wäre das ein Paradigmenwechsel im Umgang mit den Mitarbeitern, der neben Imageschaden auch Unsicherheiten und Angst samt "Abkühlung des Betriebsklimas" bringen werde. Und: Da dürfte den Verantwortlichen "vorausschauendes Personalmanagement abhandengekommen" sein. (Renate Graber, 26.6.2019)