Das Aus für die Maut kommt Deutschland teuer.

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Berlin – Im Etat des deutschen Verkehrsministeriums klafft durch das Aus für die Pkw-Maut in den nächsten Jahren eine Lücke von einer Milliarde Euro. Im Finanzplanungszeitraum bis 2023 sei diese Summe bisher veranschlagt gewesen, heißt es in einem Bericht des Ministeriums an den Verkehrsausschuss des Bundestages, der Reuters am Dienstag vorlag.

Der EuGH hatte die Mautpläne von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) jüngst als ausländerdiskriminierend gestoppt, da unter dem Strich nur ausländische Fahrzeughalter die Maut hätten zahlen müssen. Die Maut sollte ab Oktober 2020 kassiert werden. Die Klage ging von Österreich aus.

Vorbereitungskosten verloren

Verloren sind demnach Vorbereitungskosten der Pkw-Maut in Höhe von 50 Millionen Euro, die zwischen 2014 und Juni 2019 anfielen. Bedeckt hält sich das Ministerium zu den Risiken aus den Betreiberverträgen mit dem Ticketvermarkter Eventim und der österreichischen Kapsch TrafficCom, die jetzt gekündigt wurden. Ob Entschädigungszahlungen zu leisten seien, sei rein "spekulativ", heißt es in dem Schreiben an die Abgeordneten.

Scheuer hatte die Verträge nach dem Urteil umgehend kündigen lassen. "Die Kündigung beruht auf verschiedenen Kündigungsgründen", heißt es nun. "Das Verkehrsministerium wird alles daran setzen, die Rechte des Bundes zu wahren und das finanzielle Risiko zu minimieren." Wenn es Streitigkeiten gebe, sähen die Verträge "Streitbeilegungsmechanismen vor, die eine zügige Entscheidung ermöglichen".

Im Streit um die verzögerte Einführung der Lkw-Maut war damals ein übliches Schiedsverfahren vereinbart, das sich allerdings über weit mehr als zehn Jahre hinzog und Hunderte Millionen Euro an Verfahrens- und Anwaltskosten forderte.

Forderungen von bis zu 500 Millionen

Das "Handelsblatt" berichtet unter Berufung auf Inhalte der Verträge, auf den Bund könnten Forderungen von 500 Millionen Euro zukommen. Dies gelte, wenn der Vertrag wegen des Urteils nicht zustande komme. Das Ministerium habe, um dies abzuwehren, daher weitere Kündigungsgründe angeführt. Darunter sei auch "Schlechtleistung", da die Vorbereitungen nicht vertragsgemäß ausgeführt worden seien. Offen ist aber, warum diese "Schlechtleistung" direkt nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auffiel.

Kapsch und Eventim hatten erklärt, für den Fall der Kündigung seien sie in den Verträgen abgesichert. Verkehrsminister Andreas Scheuer will die Verträge den Abgeordneten nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit in der sogenannten Geheimschutz-Stelle des Bundestages zugänglich machen. Den Grünen reicht das allein nicht. Sie wollen auch Transparenz bei der internen Kommunikation im Ministerium zur Pkw-Maut. Im Raum steht weiterhin ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss.

Zusätzliche Belastungen drohen dem Haushalt durch über 400 neue Stellen, die der Bund für die Maut einrichten wollte. Davon sind über 80 bereits besetzt. Die übrigen Stellen sollten nun wegfallen, heißt es im Schreiben. Die bereits eingestellten Mitarbeiter sollten woanders in der Bundesverwaltung unterkommen. "Das bedeutet, dass die Behörden jede passende frei werdende Stelle zunächst für das für die Infrastrukturabgabe eingestellte Personal verwenden müssen." (APA, Reuters, 26.6.2019)