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Kavala bleibt weiterhin inhaftiert.

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Istanbul – Im international kritisierten Prozess gegen den türkischen Kulturmäzen und Aktivisten Osman Kavala hat das Gericht gegen seine Freilassung entschieden. Wie die Plattform für Pressefreiheit P24 am Dienstagabend mitteilte, entschied das Gericht am Hochsicherheitsgefängnis Silivri am Ende des zweiten Verhandlungstages, Kavala wegen "Versuchs zum Sturz der Regierung" in Untersuchungshaft zu halten.

Der ebenfalls inhaftierte Angeklagte Yigit Aksakoglu wurde dagegen freigelassen. Insgesamt sind in dem Prozess 16 führende Vertreter der türkischen Zivilgesellschaft angeklagt, die Gezi-Proteste im Sommer 2013 finanziert und organisiert zu haben. Sechs von ihnen befinden sich im Ausland, darunter der Journalist Can Dündar, der seit 2016 im Exil in Deutschland lebt. Acht weitere Angeklagte sind in der Türkei auf freiem Fuß.

Neben dem Bürgerechtsaktivisten Kavala, der seit mehr als 600 Tagen in Haft sitzt, war bisher nur der Bildungsexperte Aksakoglu inhaftiert. Das Gericht im Gefängnis Silivri bei Istanbul entschied am Dienstag, den Vertreter der niederländischen Bernard Van Leer Stiftung freizulassen.

Es folgte damit nicht dem Antrag des Staatsanwalts, der gefordert hatte, sowohl Kavala als auch Aksakoglu in Haft zu belassen. Allerdings muss sich Aksakoglu wöchentlich bei der Polizei melden und darf die Türkei nicht verlassen. Die Verhandlung wurde nach der Anhörung auf den 18. Juli vertagt.

"Irrationale Vorwürfe"

Bei der Verhandlung am Montag hatte Kavala die "irrationalen Vorwürfe" der Anklageschrift zurückgewiesen, die "jeder Grundlage entbehren". "Niemals in meinem Leben war ich dafür, die Regierung durch andere Mittel zu ändern als durch freie Wahlen", sagte der 62-Jährige. Es gebe keinen einzigen Beweis dafür, dass er den Boden für einen Militärputsch bereiten wollte. Er habe sich stets für "Projekte für Frieden und Versöhnung" eingesetzt.

Kavala setzt sich mit seiner Organisation Anadolu Kültür seit Jahren für den Dialog der Volksgruppen ein. Der Unternehmer betreibt zudem einen der größten Verlage des Landes. Vor seiner Festnahme im Oktober 2017 war er international ein gefragter Gesprächs- und Kooperationspartner. Am Tag seiner Festnahme in Istanbul kam er gerade von einer Besprechung mit dem Goethe-Institut im südtürkischen Gaziantep.

Kavala hatte auch Verbindungen zum türkischen Ableger der Open Society Foundation des US-Milliardärs George Soros. In regierungsnahen Medien wurde Kavala daher als "Roter Soros" bezeichnet. Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte im November, hinter Kavala stehe "der berühmte ungarische Jude Soros. Dies ist der Mann, der Leute um die Welt schickt, um Nationen zu spalten". Soros beendete daraufhin die Arbeit seiner Stiftung in der Türkei.

Gezi-Proteste

Unter den Angeklagten sind zwei frühere Vorsitzende der Open Society Foundation, mehrere Mitarbeiter von Anadolu Kültür sowie der Schauspieler Mehmet Ali Alabora und seine Frau Ayse Pinar. Die ebenfalls angeklagte Architektin Mücella Yapici kritisierte am Montag, dass sie bereits 2015 wegen der Gezi-Proteste angeklagt gewesen sei. "Friedliche Proteste können nicht verboten werden. Sie sind ein Recht", sagte sie.

Die Gezi-Proteste hatten sich im Mai 2013 an Plänen des damaligen Regierungschefs Erdogan zur Wiedererrichtung einer osmanischen Kaserne im Gezi-Park im Zentrum Istanbuls entzündet. Nach einem brutalen Polizeieinsatz gegen eine Gruppe Umweltschützer weiteten sie sich aufs ganze Land aus. Erst nach mehreren Wochen gelang es Erdogan, sie niederzuschlagen. Er betrachtet sie heute als Versuch zum Sturz seiner Regierung.

Insgesamt sind in dem international kritisierten Prozess 16 führende Vertreter der türkischen Zivilgesellschaft angeklagt, die Gezi-Proteste im Sommer 2013 finanziert und organisiert zu haben. Sechs von ihnen sind im Ausland, darunter der Journalist Can Dündar. Acht weitere Angeklagte sind auf freiem Fuß. Nach der Freilassung von Aksakoglu ist Kavala der einzige Angeklagte in Haft. Die Verhandlung wurde nach der Anhörung am Dienstag auf den 18. Juli vertagt. (APA, 25.6.2019)