Wiener Neustadt – Lebenslange Haft und Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher hat das nicht rechtskräftige Urteil in einem zweitägigen Mordprozess gegen einen 43-Jährigen am Montag in Wiener Neustadt gelautet. Der Angeklagte wurde schuldig gesprochen, im Jänner seiner Ex-Lebensgefährtin vor ihrem Haus aufgelauert und sie erstochen zu haben. Zudem wurde er unter anderem wegen Stalkings verurteilt.

Der Mann hatte seine frühere Partnerin laut Anklage nach dem Beziehungs-Aus im Mai 2017 verfolgt und bedroht. Wenige Tage vor der Tat hatte die Frau bei der Polizei über ihren Ex gesagt: "Er hat mich psychisch fertiggemacht. Ich hatte ständig Angst, dass er mir etwas antun könnte." Nach der Trennung habe eine "ständige Verfolgung" durch den Mann begonnen. Der Beschuldigte soll "Psychoterror" gegen die 50-Jährige und ihre Angehörigen ausgeübt haben.

Geldprobleme

Eine weitere Beziehung des 43-Jährigen ging schief, zudem konnte der arbeitslose Spengler seine Miete nicht mehr zahlen, ihm wurde im Dezember 2018 die Wärmeversorgung und später auch der Strom abgedreht. Handynachrichten zwischen dem Angeklagten und der 50-Jährigen drehten sich immer wieder darum, dass der Mann seine persönlichen Gegenstände von der Frau abholen sollte. Für 10. Jänner wäre eine Gerichtsverhandlung in Zusammenhang mit einer Räumung gegen den Beschuldigten geplant gewesen. Das soll laut Verteidiger Wolfgang Blaschitz bei seinem Mandanten "das Fass zum Überlaufen gebracht" haben.

Der 43-Jährige hatte am 9. Jänner Alkohol getrunken und 1,85 Promille intus, als er sich mit einem Outdoor-Messer auf den Weg zum Wohnhaus seiner Ex-Partnerin im Bezirk Wiener Neustadt-Land gemacht hatte. Dort wartete er rund eineinhalb Stunden auf die Frau. Als sie abends nach Hause gekommen und ausgestiegen war, um das Garagentor zu öffnen, attackierte er das Opfer ohne vorhergehendes Gespräch. Der 50-Jährigen wurden 15 Stiche zugefügt, für sie kam jede Hilfe zu spät. Da sie eine Überwachungskamera installiert hatte, wurde die Tat auf Video aufgezeichnet. Die Aufnahme, auf dem auch die Schreie des Opfers zu hören sind, wurde beim Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit gezeigt.

Bibelvers

Im August 2018 hatte der gelernte Spengler laut Anklage der 50-Jährigen den Link zum Zitat eines Bibelverses (Ezechiel 25:17) geschickt, der auch im Film "Pulp Fiction" von Hauptdarsteller Samuel L. Jackson in der Rolle des Killers Jules Winnfield zitiert wird, bevor dieser seine Opfer erschießt: "Ich will große Rachetaten an denen vollführen, die da versuchen, meine Brüder zu vergiften und zu vernichten, und mit Grimm werde ich sie strafen, dass sie erfahren sollen: Ich sei der Herr, wenn ich meine Rache an ihnen vollstreckt habe." Der Schwägerin der 50-Jährigen sendete der Beschuldigte im Dezember 2018 eine Sequenz aus einem "Rambo"-Film, in der der Hauptdarsteller einem Kontrahenten ein Messer an die Kehle setzt.

Der Angeklagte leidet an einer Persönlichkeitsstörung, ist laut Gutachten aber zurechnungsfähig. Aufgrund seiner Gefährlichkeit empfahlen die Sachverständigen Manfred Walzl (Psychiatrie) und Anita Raiger (Psychologie) eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Belästigung

Alle acht Geschworenen bejahten die Fragen nach Mord, beharrlicher Verfolgung, gefährlicher Drohung und versuchter schwerer Nötigung. Freisprüche gab es zum Vorwurf der beharrlichen Verfolgung des Bruders der 50-Jährigen sowie der fortgesetzten Belästigung im Wege eines Computersystems zum Nachteil einer anderen Ex-Partnerin. Der Mann muss zudem der Mutter der Verstorbenen 18.000 Euro, dem Sohn 25.000, dem Bruder 13.000, der Schwägerin 8.000 Euro und einer anderen Ex-Partnerin, die er gestalkt hatte, 990 Euro zahlen.

Mildernd wirkte sich bei der Strafbemessung unter anderem der teilweise Beitrag des Angeklagten zur Wahrheitsfindung aus. Zu den Erschwerungsgründen zählten die einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall, der lange Tatzeitraum, das "heimtückische" Vorgehen und das "außergewöhnlich hohe Ausmaß der Gewalt in Form der vielen Messerstiche", sagte der vorsitzende Richter Hans Barwitzius. Der Schwurgerichtshof sei der Meinung gewesen, dass "für diese Tat nur diese Strafe möglich ist". Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, weil die Verteidigung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung anmeldete. (APA, 25.6.2019)