Rendi-Wagner will Frans Timmermans als Präsident.

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Im Poker um die Nominierung des Nachfolgers von Jean-Claude Juncker als Präsident der EU-Kommission und das Personalpaket für die wichtigsten EU-Institutionen hat sich am Montag SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner eingeschaltet. Anders als Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sprach sie sich dezidiert für die Umsetzung des Modells Spitzenkandidat/in bei Eurowahlen aus. "Der nächste EU-Kommissionspräsident oder die Präsidentin soll aus dem Pool der europäischen Spitzenkandidatinnen kommen", ließ Rendi-Wagner den Standard wissen.

Stabile Mehrheit nötig

Dabei müssten drei Kriterien erfüllt sein: Der oder die Betreffende müsse über "fachliche Eignung und das politische Rüstzeug für die großen Herausforderungen verfügen", erklärte die SPÖ-Chefin in einer Stellungnahme. Zudem müsse der/die künftige Kommissionschef/-chefin "über eine stabile Mehrheit im Europäischen Parlament verfügen". Aus Sicht der europäischen Sozialdemokraten gehören zu den großen Herausforderungen "Jugendbeschäftigung, Klimawandel und sozialer Wohnbau". Sie sei daher der Auffassung, dass nicht EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber, sondern der Sozialdemokrat Frans Timmermans die geeignetste Person für die Führung der Kommission sei.

Die Erklärung der SPÖ-Chefin ist als direkter Konter gegen den französischen Präsidenten zu verstehen. Macron hatte nach dem EU-Gipfel am Freitag erklärt, dass alle drei Spitzenkandidaten – neben Weber und Timmermans auch die liberale Dänin Margrethe Vestager – aus dem Rennen seien und "neue Namen auf den Tisch" kommen müssten. Mit Rendi-Wagner wandte sich nun erstmals eine Parteichefin der europäischen Sozialdemokraten gegen diese Lesart des Franzosen. SPE-Verhandlungsführer Pedro Sánchez, der spanische Ministerpräsident, hatte beim Gipfel keine Lanze für Timmermans gebrochen, sondern erklärt, dass man beim Prozess der Nominierung des künftigen Kommissionschefs "einen Neustart" brauche.

Machtkampf mit Parlament

Es zeichnet sich nun ein Machtkampf zwischen EU-Parlament und Regierungschefs ab. Die EVP besteht darauf, dass sie als Wahlsieger Anspruch auf die Juncker-Nachfolge habe. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte dem Spiegel, dass sie das Macron erklärt und ein Angebot gemacht habe. Man könne nicht Spitzenkandidaten in die Wahl schicken und diese hinterher einfach übergehen. Ratspräsident Donald Tusk sondierte derweil mit den Fraktionschef im EU-Parlament, wie es weitergehen könnte. Sonntag gibt es dazu einen EU-Sondergipfel. (Thomas Mayer aus Brüssel, 24.6.2019)