Nach achteinhalb Jahren im Amt wird Maria Vassilakou am Mittwoch von Birgit Hebein als Wiener Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin beerbt. Als im Herbst 2010 erstmals eine rot-grüne Koalition in der Bundeshauptstadt die Arbeit aufnahm, war das für alle Beteiligten Neuland. Die SPÖ musste Kompromisse mit dem Juniorpartner eingehen, Vassilakou wiederum ihr Verhandlungsgeschick mit Magistraten und Bezirksvorstehern unter Beweis stellen.

Ein Küsschen für die Nachfolgerin. Dass Sozialexpertin Birgit Hebein Maria Vassilakou als Wiener Vizebürgermeisterin nachfolgt, wurde in einer Stichwahl entschieden. Die Angelobung findet am Mittwoch im Wiener Rathaus statt.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Die Grünen-Politikerin war Quereinsteigerin in Sachen Verkehrs- und Planungspolitik, drückte aber etwa mit der Begegnungs- und Fußgängerzone Mariahilfer Straße der Stadt schon bald einen Stempel auf. Andere Projekte liefen weniger erfolgreich: Die geplante Umgestaltung des Heumarkts führte zu einem heftigen parteiinternen Konflikt. Nun liegt es an der ehemaligen Sozialsprecherin Birgit Hebein, Vassilakous Vorhaben fortzusetzen. Die nächste Wahl in Wien findet voraussichtlich im Herbst 2020 statt. Es wird sich zeigen, welche Akzente Hebein setzen kann.

DER STANDARD gibt einen Überblick über die noch offenen Projekte und die umstrittenen Baustellen aus der Ära Vassilakou.

Mit den Grünen würde es keinen Lobautunnel geben, sagte einst Maria Vassilakou. Die Pläne sind allerdings schon recht konkret.
Grafik: Der Standard

Lobautunnel

Dieser Kelch ist an Vassilakou vorübergegangen: Dass der Baustart nicht in ihre Amtszeit fiel, darüber zeigte sie sich zum Abschied ziemlich froh. Denn das Thema Lobautunnel hat nichts an seiner Sprengkraft für die rot-grüne Koalition verloren. Hebein fordert ein "Zurück an den Start", Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) will den Autobahnbau unbedingt. Der Status quo: Der Verwaltungsgerichtshof ist mit der Thematik beschäftigt, zudem fehlen noch einige behördliche Bescheide. Ein Baustart in diesem Jahr ist nicht realistisch.

Der Heumarkt soll umgestaltet werden, den 66 Meter hohen Turm kritisierte nicht nur die Unesco, sondern auch die Grüne Basis.
Foto: Rendering: nightnurse images

Heumarkt

Die grüne Basis hat sich in einer Urabstimmung – sehr spät, aber doch – gegen das Bauprojekt samt 66-Meter-Turm in der Wiener Unesco-Welterbe-Zone ausgesprochen. Dennoch hat 2017 der Großteil der grünen Mandatare, darunter Hebein, im Gemeinderat dafür gestimmt. SPÖ und Grüne wollen das Problem bis nach der Wien-Wahl 2020 vertagen: Im März 2019 wurde eine zweijährige Nachdenkpause verhängt, um offene Fragen mit der Unesco zu klären. Wien dürfte vorerst auf der roten Liste gefährdeter Welterbestätten bleiben.

2016 wurden die Pläne für die Umgestaltung des Wiener Schwedenplatzes präsentiert.
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Schwedenplatz

2012 startete der Prozess zur Umgestaltung des Schwedenplatzes. Nach vier Jahren gab es Pläne mit mehr Grün und Bäumen. Seither steht das Projekt. Die Stadt will in zwei Phasen sanieren: erst rund um die U-Bahn-Station, dann den Rest des Platzes. Der Bezirk fordert, dass vor Baustart klar ist, was mit Busparkplatz und Tankstelle passiert. Ob des Hickhacks zwischen Rathaus und Erstem verzögert sich die Sanierung weiter. Vassilakous Wunsch, die erste Phase gemeinsam mit der Begegnungszone Rotenturmstraße anzugehen, wurde nicht erfüllt.

Noch ist Wien in puncto Parkraumbewirtschaftung ein "Fleckerlteppich". Geht es nach den Grünen, soll das Parkpickerl in ganz Wien kommen.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Parkpickerl

Unter Rot-Grün wurde die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung sukzessive vorangetrieben. 2010 gab es elf Parkpickerl-Bezirke, in wenigen Tagen haben bereits 19 von 23 Bezirken eine fast flächendeckende Kurzparkzone: In Döbling wird das Pickerl am 1. Juli eingeführt. Allein aus Parkgebühren hat die Stadt im Vorjahr 120 Millionen Euro lukriert – ein neuer Rekord. Nur in Hietzing, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing muss noch nicht geklebt werden. Neue Bewegung könnte es hier nach der Wien-Wahl 2020 geben.

Die zehn Prozent Radanteil wurden noch nicht erreicht.
Foto: APA/HANS PUNZ

Fahrräder und E-Scooter

Von fünf auf zehn Prozent Radanteil im Modal Split in fünf Jahren: Das war das Ziel der ersten rot-grünen Koalition in Wien. Aufgegangen ist das bis heute nicht. Der Anteil des Radverkehrs stagniert trotz Investitionen und des Ausbaus der Radwege bei sieben Prozent. Vassilakou erklärt dies damit, dass es weiterhin Lücken im Radnetz gibt. Jene auf der Linken Wienzeile soll nun geschlossen werden. In puncto E-Scooter könnten die Auflagen bald verschärft werden. Die Stadt prüft über den Sommer die Einhaltung der geltenden Regeln.

Wien wächst, etwa um die Seestadt Aspern.
Foto: Robert Newald

Stadterweiterung

Die Stadt Wien ist in den vergangenen Jahren ordentlich gewachsen: Anfang 2019 wurde die Marke von 1,9 Millionen Einwohnern geknackt. Zwar soll sich das Wachstum etwas abschwächen, mit einem durchschnittlichen Plus von jährlich 11.000 Personen wird aber gerechnet. Benötigt werden also weiterhin Stadtentwicklungsgebiete und entsprechende Widmungen für (geförderte) Wohnungen, Arbeitsplätze, Grünräume und Infrastruktur. Die Herausforderungen für die neue Planungsstadträtin Hebein bleiben. (Oona Kroisleitner, David Krutzler, Rosa Winkler-Hermaden, 25.6.2019)