Zuletzt wurde die ÖVP (im Bild Vorsitzender Sebastian Kurz und Parteimanager Karl Nehammer) wegen ihres Spendenaufkommens genau unter die Lupe genommen.

Foto: STANDARD/ Christian Fischer

Die Parteien sollen alle Zuwendungen offenlegen, fordert Josef Barth. Nur so sei der Verdacht auszuräumen, Gesetze seien käuflich.

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"Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Vorteil."

Transparency International

Alle Wahlkampfausgaben offengelegt", "alles legal", "alles wie im Gesetz verlangt": Die großen Parteien und ihre Politiker verteidigen derzeit ihre eigenen Handlungen und kritisieren nur die jeweils anderen und deren Verschleierungstaktik. Und sie wählen ihre Worte so, dass alles, was sie sagen, nicht falsch ist.

Auch wenn es nicht ganz stimmt.

Denn viele Wahlkampfeinnahmen braucht man dem Wähler vor dem Wahltag gar nicht illegal zu verschweigen, wenn man sich das entsprechende Gesetz dazu selbst geschrieben hat.

Diskussion vermeiden

Einen Monat nach dem unsäglichen Ibiza-Video versuchen die großen Parteien die öffentliche Diskussion um die Parteienfinanzierung zu verschleppen und ihr tatsächliches Tun in geheimen Unterausschüssen des Parlaments zu verstecken. Sie argumentieren am Problem vorbei ("Stückelung kann man diskutieren"), führen Scheindebatten ("Das muss man im Unterausschuss verhandeln") und verwirren mit Pseudolösungen ("Meldung sechs Monate später").

Klar, jeder hat sein eigenes Modell, mit dem er sich ganz legal finanziert. Und keiner will das Thema groß aufmachen, da es sonst infrage gestellt werden könnte: Die einen wollen Geld von Großspendern nicht problematisieren, die anderen drücken sich davor, Zuwendungen von Vereinskonstruktionen final zu verdammen, und die Dritten vermeiden das Thema zuletzt naturgemäß am liebsten komplett.

Das bisherige System funktioniert – für die Parteien.

Zu gut hat man es sich in diesem System eingerichtet. Die Parteien kennen die Regeln bis ins Detail, wissen, wie man sie umgehen kann – und haben schon einkalkuliert, was passiert, wenn man sie bricht. Und das zahlt sich immer noch aus.

Kein Wunder: Sie haben die Höhe der Strafen ja auch selbst festgelegt. Ohne Korrektiv von außen, ohne eine große öffentliche Veranstaltung dazu, ohne große öffentliche Debatte darüber – bei der sie nicht die Regeln bestimmen.

Wer die Möglichkeit hat, den zwingt die Logik fast dazu – wenn er keine Ethik kennt: Die Parteien stehen im direkten Wettbewerb. Und wie das mit dem ungeregelten Wettbewerb so ist: Je mehr Geld man hat, desto mehr Öffentlichkeit und Einfluss kann man sich schaffen. Damit hat man mehr Chancen auf Erfolg, mehr Chancen, gewählt zu werden – und mehr Chancen, jene Gesetze zu machen, die auch festlegen, wie viel Geld man nehmen darf. Von wem auch immer.

Wer macht die Regeln? Die Parteien machen die Regeln.

"Sie können sich alles erlauben, solange wir ihnen alles erlauben"

Graffito auf einer Parkmauer in Wien

Wir Bürgerinnen und Bürger haben den politischen Parteien eben sehr große Macht anvertraut. Die Macht, uns Regeln zu geben. Nur wer macht die Regeln für die Parteien? Um sicherzustellen, dass die Parteien diese anvertraute Macht nicht zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Denn dann wäre plötzlich Transparency Internationals Definition von Korruption erfüllt. Und gerade über diesen Verdacht sollten Österreichs Parteien ja nun ein für alle Mal erhaben sein, wenn wir neue Parteiengesetze machen.

Die Parteien sind dabei allein in einem unlösbaren Konflikt ihrer beiden Rollen gefangen – als Regelmacher und Politikgestalter. Die bestmöglichen Regeln für sich selbst zu machen, um so viel wie möglich von jener Politik machen zu können, die sie für fair halten? Oder die fairsten Regeln zu machen, mit dem Risiko, dass sie für andere besser sind und die dann ihre angeblich unfaire Politik durchsetzen können? Hm.

Wir Bürgerinnen und Bürger können das Problem nur lösen, wenn wir uns wieder als Souverän des Staates verstehen. Wenn wir die Politiker öffentlich verantwortlich halten.

Wenn wir unser Recht einfordern, dabei zu sein, wenn diese Regeln gemacht werden – nicht nur als Zuhörer, sondern eine Stimme haben. Das ist Demokratie.

Wenn wir unser Recht einfordern, alle Zuwendungen von Parteien zu kennen – vor dem Wahltag. Sodass sie alles offenlegen müssen – egal ob Geld, Sachleistung oder Personal und von wem es kommt. Das ist Demokratie.

Wenn wir unser Recht einfordern, in einer öffentlichen Veranstaltungen offen darüber zu diskutieren, wie viel Parteien annehmen dürfen, damit nicht der Verdacht entsteht, dass Gesetze käuflich sind. Das ist Demokratie.

Unser Recht einfordern

Das alles ist Demokratie. Dessen sollten wir uns als aktive Bürgerinnen und Bürger bewusst sein – und unsere entsprechenden Rechte aktiv einfordern.

Und nicht nur darauf warten, dass die Parteien sich selbst wieder regeln. Nur diesmal halt hoffentlich richtig. (Josef Barth, 23.6.2019)