Wie deppert kann man sein, um nach dieser Ibiza-Rücktritts-/ Ich-bin-ein-Opfer/Phillippa-macht-das-statt-mir/weil-der-kleine-Hendrik-braucht-sein Papperl/Aber-ich-komm-eh-wieder-/Farce noch an H.-C. Strache und/oder die FPÖ zu glauben?

Eine rhetorische Frage – als provokative Einleitung für eine ernst gemeinte Erörterung, wie man mit dem Phänomen FPÖ-Wähler umgehen soll. Sind immerhin bis zu 25 bis 26 Prozent.

Der normale FPÖ-Wähler und ganz besonders der FPÖ-Kernwähler ist ja tief enttäuscht über die "herkömmlichen" Parteien, denn die betreiben vor allem einen ganz zynischen, ganz grauslichen Schacher um Posten und Geld. Während die "Fleißigen und Anständigen" (Jörg Haider) immer beschissen werden. Da muss man ja FPÖ wählen – aus purem Protest -, obwohl man eigentlich dieses braune Unterfutter, das da immer hervorlugt, nicht so gut findet.

Die Alternative wäre allerdings, dass 25 bis 26 Prozent der österreichischen Wähler so weit rechts stehen und so von menschlicher Schlechtigkeit erfüllt sind, dass ihnen alles wurscht ist, was ihre politischen Heroen aufführen, Hauptsache sie hetzen gegen "Ausländer".

Ende der Konsensdemokratie

Von beidem kann man nicht ausgehen. Wähler von sehr rechten Parteien sind natürlich zu einem guten Teil ebenfalls sehr rechts. Sie sind allerdings sehr oft schlecht informiert. Teils aus eigenem Desinteresse, teils – in Österreich, aber z. B. auch in Großbritannien – durch unehrliche Medien. Ein Großteil der Medien und der Opinion-Leader bei uns hat hartnäckig über die Jahrzehnte die Fiktion aufrechterhalten, die FPÖ sei eine "normale" Partei und im Prinzip regierungsfähig.

Aber es ist nicht so. Diese Einsicht setzt sich nur schwer und langsam durch, vor allem bei jenen, die eher konservativ strukturiert sind und möchten, dass die angebliche oder tatsächliche "rote" Herrschaft in Österreich einmal Pause hat. Das kann man natürlich aus guten Gründen wollen, aber die knapp zwei Jahre Kurz/ Strache haben schon eines gezeigt: Das hat einen Preis. Nämlich das Ende der Konsensdemokratie und den Übergang zu einem System mit deutlich autoritären Zügen. Und mittelfristig Beschneidung des Sozialstaats.

Die Wählerschaft der FPÖ ist kein eherner Block. 2002 fiel die FPÖ von 27 auf zehn Prozent, weil die Partei sich als nicht regierungsfähig erwiesen hat (Knittelfeld). 16 Prozentpunkte davon wanderten zur ÖVP von Wolfgang Schüssel. Sebastian Kurz mag post Ibiza einen ähnlichen Effekt beabsichtigen, und die Umfragen scheinen ihm recht zu geben. Aber 2006 verspielte Wolfgang Schüssel sein traumhaftes 42-Prozent-Ergebnis wieder. 2008 starb Haider, und Strache zog die FPÖ zu neuen Höhen empor.

Die Lernkurve von FPÖ-Wählern ist nicht sehr beeindruckend. Aber man kann nicht alle für deppert und/oder rechtsextrem halten. Die anderen müsste man wohl hauptsächlich mit dem Argument "Die FPÖ-Politiker können es nicht" ansprechen. Sie können es ja wirklich nicht. Das wäre jetzt allmählich zur Genüge bewiesen. Nun müsste man etwas daraus machen. (Hans Rauscher, 18.6.2019)