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Mohammed Morsi ist am Montag 67-jährig in Kairo verstorben. Er war in verschiedenen Verfahren zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

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Im Jahr 2012 war Morsi zum Präsidenten gewählt worden.

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Kairo – Der frühere ägyptische Präsident Mohammed Morsi ist tot. Wie das ägyptische Staatsfernsehen am Montagabend berichtete, ist der 67-Jährige bei einer Gerichtsverhandlung in einem Fall angeblicher Spionage in Ohnmacht gefallen und anschließend verstorben. Morsi, gegen den die neue Regierung von Präsident Abdelfattah al-Sisi und Ägyptens Justiz zahlreiche Verfahren angestrengt hatten, war von 2012 bis 2013 der erste frei gewählte Präsident in Ägyptens moderner Geschichte gewesen.

Nach Massenprotesten war er im Juli 2013 vom Militär unter Führung al-Sisis gestürzt worden. Morsi wurde ebenso wie die übrige Führung der Muslimbrüder nach dem Putsch inhaftiert. Gegen ihn liefen zahlreiche Verfahren. Ein Todesurteil, das 2015 gegen ihn ausgesprochen worden war, wurde nach Protest wieder zurückgenommen.

Infarkt vermutet

Einem Medienbericht zufolge ist Morsis Tod auf einen Herzinfarkt zurückzuführen. Der Ex-Präsident sei wegen einer Tumorerkrankung fortlaufend behandelt worden, berichtete das Staatsfernsehen am Dienstag unter Berufung auf Ärzte.

Eine Autopsie habe keine Anzeichen für jüngere Verletzungen ergeben, hieß es in einer Erklärung der Staatsanwaltschaft. Morsis Anwalt Abdel-Menem Abdel-Maksud sagte der Nachrichtenagentur Reuters, der 67-Jährige sei während seiner Haft in schlechter gesundheitlicher Verfassung gewesen. "Wir haben mehrere Anträge auf Behandlung gestellt", sagte er. "Einige wurden genehmigt, andere nicht."

Morsi war ein Vertreter der fundamentalistischen Muslimbrüder, die inzwischen in Ägypten verboten sind. Sie sprachen von einem "ausgewachsenen Mord" und riefen die Menschen dazu auf, in Massen zu Morsis Beisetzung zu kommen.

Diese fand allerdings laut Angaben von Morsis Sohn Mohamed Morsi bereits am Dienstag statt. Er wurde demnach neben anderen hochrangigen Persönlichkeiten der Muslimbrüder in Kairo (Nasr City) begraben. In seiner Heimatprovinz Sharqiya wurde die Bestattung untersagt.

Vorwürfe gegen Behörden

Immer wieder hatten Morsi und seine Unterstützer beklagt, dass die Behörden dem ehemaligen Präsidenten keine ausreichende medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt hätten. Morsi hatten diesen Angaben nach an Diabetes gelitten, zudem habe er eine Lebererkrankung gehabt.

Eine Delegation britischer Parlamentarier hatte diese Vorwürfe 2018 nach einem Besuch bestätigt und auch auf die Morsi deshalb drohende Lebensgefahr hingewiesen. Die Haftbedingungen Morsis könnten die Schwelle zur Folter überschreiten. Die Regierung reagierte nicht auf die Vorwürfe.

Amnesty International sprach sich noch am Montag für eine Untersuchung aus. "Wir fordern die ägyptischen Behörden auf, eine unparteiische, gründliche und transparente Untersuchung der Umstände von Morsis Tod durchzuführen, einschließlich seiner Einzelhaft und Isolation von der Außenwelt", erklärte die Menschenrechtsorganisation auf Twitter.

Als erster internationaler Staatsmann äußerte sich der türkische Präsident Tayyip Erdoğan zum Tod Morsis. "Ich wünsche unserem Märtyrer die Gnade Allahs", teilte er mit. Erdoğan, dessen AKP Verbindungen zur ägyptischen Muslimbrüder-Bewegung hat, hatte auch zu Regierungszeiten Morsis als einer der stärksten Unterstützer des ägyptischen Staatschefs gegolten. Den Putsch von 2013 verurteilte er harsch, was bis heute das Verhältnis der Türkei zu Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten massiv belastet, die den Umsturz und den neuen Präsidenten Abdelfatah al-Sisi unterstützen.

Nicht in der ersten Reihe

Dass Morsi überhaupt Präsident werden sollte, hätte lange Zeit als unwahrscheinlich gegolten. Fast 30 Jahre lang hatte er sich vor allem als Ingenieur und Professor an der Kairoer Zagazig-Universität hervorgetan, während einer Hilfsprofessur im kalifornischen Northridge in den 1980er-Jahren soll er auch an der Entwicklung von Spaceshuttle-Motoren beteiligt gewesen sein. Seit 2000 saß er zwar für die Muslimbrüder im ägyptischen Parlament, war dabei aber nicht in der allerersten Reihe gestanden. Präsidentschaftskandidat wurde er 2012 erst, als dem prominenteren Muslimbruder Khairat el-Shater die Kandidatur untersagt wurde.

Die Stichwahl gewann er mit 51,7 Prozent knapp gegen den als Unabhängigen antretenden Ahmed Shafik, der dem alten Regime Hosni Mubaraks nahestand. Er war deshalb auch von den ehemaligen Demokratieaktivisten unterstützt worden.

Diese wandten sich allerdings bald wieder von ihm ab, sie sahen seine Regierungsführung als autoritär und zu religiös geprägt. Großproteste der Zivilgesellschaft, die Morsis völligen Griff nach der Macht fürchtete, nutzte ein Jahr nach seinem Amtsantritt das Militär zum Putsch. Blutige Auseinandersetzungen mit Demonstranten der Muslimbrüder waren die Folge. Anschließend starteten die Behörden eine massive Verfolgungskampagne und verboten die Bewegung. Morsi wurde anschließend inhaftiert, wegen zahlreicher Verbrechen – darunter Spionage und Verwicklung in den Tod von Demonstranten – angeklagt. Mehrfach wurde er zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. (mesc, maa, APA, 17.6.2019 – Updates am 18.6.)