Schon beim Firmennamen haperte es: Aus Daily musste Rudolf Haberleitner aus Markenschutzgründen Dayli machen.

Regine Hendrich

Einst wollte er mit seiner Drogeriemarktkette Dayli vom oberösterreichischen Pucking aus "den ganzen Balkan" erobern, dieser Tagen sieht der Aktionsradius von Rudolf Haberleitner deutlich kleiner aus. Der 73-Jährige muss nämlich ab heute, Dienstag, am Landesgericht Linz auf der Anklagebank Platz nehmen.

Fast sechs Jahre nach der größten Handelspleite des vergangenen Vierteljahrhunderts endet der letztlich krachend gescheiterte Plan, die angeschlagene Schlecker-Österreich-Tochter sowie andere Auslandstöchter als Dayli-Drogeriemärkte fortzuführen, in einem Strafverfahren wegen grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen.

Es ist dies der zweite Anlauf, die Hauptverhandlung zu eröffnen. Der erste Termin im April wurde vertagt, weil Haberleitner im Ausland an einer Investmentkonferenz teilnahm. An der Ausgangslage hat sich aber nichts geändert: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte im Jänner 2019 einen Strafantrag gegen Haberleitner beim Landesgericht eingebracht.

Der maximale Strafrahmen beträgt zwei Jahre Haft. Fallengelassen wurden hingegen die anfangs erhobenen Vorwürfe wegen betrügerischer Krida und schweren Betrugs. Laut Landesgerichtssprecher Walter Eichinger stehen nun am ersten Prozesstag ausschließlich die Einvernahmen der Beschuldigten auf dem Programm.

Haberleitner wehrt sich

Wie sich Haberleitner vor dem Kadi verantworten wird, scheint bereits im Vorfeld klar: Der gebürtige Kremser sieht sich zu Unrecht belastet. Er werde für etwas belangt, das er nicht getan habe. Denn: Der Vorwurf, man habe die Buchhaltung nicht schnell genug auf ein modernes System umgestellt und die 2011er-Bilanz nicht rasch genug veröffentlicht, sei nicht haltbar. Die Bilanz 2011 sei zeitlich noch vor der Übernahme Mitte 2012 gelegen.

Auch als aus Schlecker dann Dayli wurde, kam nicht genug Kundschaft. Nach der Pleite 2013 sperrten 900 Filialen zu, 3500 Beschäftigte verloren ihren Job.
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Dayli ging 2012 aus der Pleite der deutschen Schlecker-Gruppe hervor. Die Aktivitäten in Österreich und einigen weiteren Ländern wurden von Haberleitner herausgekauft. Im Mai 2013 klagten dann erstmals Lieferanten über unbezahlte Rechnungen. Nachdem der Glücksspielkonzern Novomatic seine Beteiligung zurückgezogen hatte, geriet Dayli endgültig in Turbulenzen. Im Juli 2013 folgte die unausweichliche Pleite und Haberleitner wurde abberufen. 900 Filialen sperrten zu, 3500 Beschäftigte verloren ihren Job. Mitte 2017 erhielten Gläubiger in einer ersten Zwischenverteilung rund elf Millionen Euro.

Die Causa enthält noch einige Facetten, die den Fall für Beobachter zu einem Thriller und für Mitarbeiter wie Gläubiger zu einer Tragödie machten. Besonders spektakulär war ein folgenschwerer Italien-Abstecher: Haberleitner hatte angeblich einen Geldgeber an der Angel, der 26 Millionen für Dayli lockermachen wollte. Allerdings verlangte der Mann vorweg eine "Sondertilgung" von einer Million. Haberleitner reiste mit einem Geldkoffer an, der ihm prompt gestohlen wurde. Ermittelt wurde dann wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung und des schweren Betrugs.

Haft für Geldkoffer-Dieb

Während die Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien das Verfahren einstellte, wurde der ominöse Investor heuer in Italien rechtskräftig wegen der Entwendung der Million verurteilt. Der Masseverwalter hat Haberleitner zivilrechtlich auf Rückzahlung der Summe geklagt, das Verfahren läuft ebenfalls in Linz.

Auch die Novomatic-Tangente ist erstaunlich. Der Konzern hat sich heuer mit dem Masseverwalter verglichen, der Geld vom Glücksspielkonzern wegen des einstigen Engagements gefordert hatte. Dabei wurde eine Haftung gemäß § 78 GmbH-Gesetz geltend gemacht. Wie viel Novomatic zahlte, wird nicht bekanntgegeben.

Dass der Konzern 2013 wieder abgesprungen ist, sorgt immer noch für Querelen. Haberleitner behauptet, Novomatic sei zum Rückzug genötigt worden. Es sei gedroht worden, dass "ansonsten keine Glücksspiellizenzen mehr an Novomatic vergeben würden". Novomatic weist das zurück, die Lizenzen würden in einem transparenten Prozess vergeben, wie ein Sprecher betont.

Die Gläubiger haben bisher nur zehn Prozent ihrer offenen Rechnungen erhalten. Damit will sich Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer nicht zufriedengeben und beklagt die schleppende Verwertung in dem seit sechs Jahren dauernden Verfahren. Der Gläubigerschützer befürchtet, dass sich die Abwicklung noch länger hinzieht. (as, mro, 18.6.2019)