STANDARD: Bioemsan ist ein oberösterreichisches Unternehmen, das seit vielen Jahren auf sogenannte effektive Mikroorganismen (EM) setzt. In der Medizin gibt es derzeit sehr aufsehenerregende Erkenntnisse zu Mikroorganismen im Darm, dem Mikrobiom. Freut Sie das?
Krebs: Es gab schon immer eine Szene, die sich mit der positiven Wirkung von Mikroorganismen beschäftigt hat. Unser Unternehmen kommt ursprünglich aus der Landwirtschaft. Meine Mutter besuchte immer wieder Konferenzen, die sich mit effektiven Mikroorganismen in ganz unterschiedlichen Einsatzgebieten beschäftigten. Und wir haben dann ja live mit unseren Produkten erlebt, wie wirksam sie sind. Deshalb: Ja, wir sind froh über die Mikrobiomforschung, weil sie uns in einer Weise auch recht gibt.
STANDARD: Recht inwiefern?
Krebs: Lange Zeit galten Mikroorganismen ja generell als etwas Schlechtes, man hat da gar nicht so zwischen den unterschiedlichen Bakterienstämmen unterschieden. Doch wir wissen seit langem, dass es auf das Gleichgewicht zwischen Bakterienstämmen ankommt. Die effektiven Mikroorganismen, die wir verwenden, stellen eine Balance her. Sie stärken die Mikroorganismen mit positiver Wirkung und sorgen dafür, dass die negativen in die Unterzahl kommen. Diese Dynamik erzeugt ein gutes Umfeld. Wir Menschen sind mit der Umwelt stärker verbunden, als die meisten denken. Wir leben alle im gleichen System. Wenn man dieses Prinzip einmal verstanden hat, kann man gar nicht mehr anders denken.
STANDARD: Von der Landwirtschaft bis zur menschlichen Haut: Lässt sich die Wirkung von EM wirklich so einfach generalisieren?
Krebs: So einfach ist das natürlich nicht, aber wenn man zum Beispiel weiß, dass in einem gesunden Darm dieselben Milchsäurebakterien vorhanden sind wie in einem gesunden Boden und auch der organische Abbau ähnlich funktioniert, kann man Parallelen ziehen. Wir verwenden EM in der Landwirtschaft, aber auch als probiotische Putzmittel, als Teichreiniger. So haben wir begonnen. Und 2003 kam meine Mutter von einer Konferenz zurück und sagte: "Wir müssen eine Zahnpasta machen." Sie hatte einen deutschen Zahnarzt getroffen, der sich intensiv mit Mikroorganismen in der Mundhöhle beschäftigte. Auch im Mund- und Rachenraum gibt es eine Bakterienflora, die sich ins Negative verschieben kann. Unsere Kosmetikmarke hat also vor 16 Jahren mit einer Zahncreme begonnen. Es ist bis heute das am häufigsten verkaufte Produkt.
STANDARD: Obwohl sie nicht schäumt?
Krebs: Wer sie verwendet, schätzt ihre Wirkung.
STANDARD: Lässt sie sich belegen?
Krebs: Ja, wir können die Wirkung auch belegen, und es gibt neben Untersuchungen zur Zellregeneration und Zellerneuerung auch eine Doktorarbeit, die belegt, dass die Bioemsan-Zahncreme nachweislich die Plaquebildung und die Entstehung von Zahnfleischblutungen hemmt. Meiner Mutter war es von Anfang an wichtig, dass wir die positive Wirkung unserer Produkte auch wissenschaftlich belegen können. Für die Zahnpasta haben wir eng mit einem Zahnarzt kooperiert. Effektive Mikroorganismen bekämpfen aktiv Zahnstein und wirken entzündungshemmend, was bei Parodontitis sehr vorteilhaft ist. Die Zahnpasta hilft aber auch sehr gut gegen Pickel, da kann man zusehen, wie die Entzündung weggeht.
STANDARD: Wie ist Ihre Hautpflege aufgebaut?
Krebs: Die Haut ist die Schutzhülle des Organismus, und entscheidend ist, dass der Säureschutzmantel intakt ist. Auch das ist eine Frage von Balance zwischen den Mikroorganismen, die durch die Anwendung unserer Wasch- und Pflegeprodukte in die richtige Balance gebracht werden. Bei einigen Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Rosacea ist dieser Säureschutzmantel nicht intakt, und gerade in solchen Situationen haben effektive Mikroorganismen eine sehr positive Wirkung.
STANDARD: Was genau heißt positiv?
Krebs: Hautzellen regenerieren, und die Entzündung geht weg. Auch bei Juckreiz wirken sich die Mikroorganismen sehr positiv aus. Viele Menschen haben einen Juckreiz auf dem Kopf, der mit der Verwendung unserer Shampoos besser wird. Allerdings sind wir ein Kosmetikunternehmen und dürfen deshalb keine heilende Wirkung im medizinischen Sinne anpreisen. Ich berichte also von Erfahrungen, die wir in den letzten Jahrzehnten gesammelt haben. Bei den Bioemsan-Gesichtscremen haben wir sehr wohl wissenschaftliche Studien, die nachweislich die Zellregeneration und Zellerneuerung der Haut belegen. Hier wirken die Mikroorganismen wie ein natürliches Anti-Aging. Auch beim Lippenbalsam dürfen wir sagen, dass er tatsächlich vorbeugend bei Fieberblasen und wunden Mundecken wirkt.
STANDARD: Aber nicht jeder Mund oder jede Haut ist gleich, oder?
Krebs: Natürlich nicht, doch effektive Mikroorganismen sind eine Mischung aus unterschiedlichen Bakterien – insofern holt sich jede Haut das, was sie braucht. Dieser Ausgleich ist ein wichtiges Prinzip.
STANDARD: Insofern sind EM eigentlich das genaue Gegenteil von Desinfektionsmitteln?
Krebs: Genau. Wenn man alle Bakterien abtötet, siedeln sich irgendwelche Umweltorganismen wieder an. Und das kann viele Folgen haben, etwa auch trockene Haut. Wir sind einfach total von den Mikroorganismen überzeugt. Auch deshalb, weil wir unsere Produkte immer wieder mit anderen vergleichen. Wir haben auch einen sehr engen Kontakt mit unseren Kunden und kaum negative Rückmeldungen. Wir sind ein Familienbetrieb, da würden uns Beschwerden nicht entgehen.
STANDARD: Und wie vertragen sich die Mikroorganismen mit den anderen Inhaltsstoffen?
Krebs: Wir verwenden eigentlich nur natürliche Inhaltsstoffe, solche, die sich seit Jahrhunderten auch als Heilpflanzen bewährt haben. Unter anderem auch ätherische Öle. EM haben auch eine konservierende Wirkung. Wir haben seit kurzem auch eine vegane Zahncreme im Sortiment, bei der wir Propolis weggelassen haben.
STANDARD: Wie lange dauert eine Produktentwicklung bei Bioemsan?
Krebs: Ein bis zwei Jahre. Wir haben eine sehr überschaubare Produktpalette, die wir immer wieder mal überarbeiten – sei es, was den Duft betrifft oder auch das Packaging. Wenn es um die Gerüche geht, sind die Menschen sehr unterschiedlich. Wir hatten zum Beispiel das Feedback, dass wir zu natürlich riechen. Daran haben wir in den letzten Jahren sehr stark gearbeitet. An den effektiven Mikroorganismen hat sich aber nichts geändert, sie bewähren sich immer wieder aufs Neue. (Karin Pollack, 29.6.2019)