Sie war Hochleistungssportlerin, hat in der ÖBB-Personenverkehr AG gearbeitet, war und ist wieder Geschäftsführerin der Austro Control. Dazwischen war Valerie Hackl zwölf Tage Infrastrukturministerin.

Foto: robert newald

Das Zeitkorsett von Kurzzeit-Infrastrukturministerin Valerie Hackl ist nach wie vor eng, auch wenn sie von der Ressortverantwortung längst wieder entbunden ist. Zeit für einen Abstecher in das STANDARD-Verlagshaus fand sie dennoch. Kaffee? "Nein danke". Ein Glas Wasser? "Ja bitte."

STANDARD: Bereuen Sie Ihren Ausflug in die Politik?

Hackl: Gar nicht. Ich hätte mich im Rückblick nicht anders verhalten.

STANDARD: Ex-Ministerin in der Biografie stehen zu haben kann für die Karriere nicht schaden, oder?

Hackl: Es wird einen kleinen Eintrag geben, der wird nicht hinderlich sein.

STANDARD: Froh, wieder zurück zu sein bei Zahlen und Fakten?

Hackl: Ja, das ist sozusagen mein berufliches Zuhause, da fühle ich mich sehr wohl.

STANDARD: "Simmering-Kapfenberg, das nenn i Brutalität", hat der legendäre Helmut Qualtinger 1958 formuliert. Brutal erscheint anno 2019 die politische Auseinandersetzung: heruntermachen des Gegners, anpatzen. Ist es in der Welt der Wirtschaft auch so?

Hackl: Es ist anders. Die Politik ist eine Bühne, auf der viel passiert, wo es viele Zuschauer gibt, das macht es per se brisanter, auch kränkender und schwieriger.

STANDARD: Was geht einem durch den Kopf, wenn angeklopft wird, ein Ministeramt zu übernehmen?

Hackl: Zuerst war ich sprachlos, das stand nicht am Plan.

STANDARD: Die Anfrage kam telefonisch?

Hackl: Ja. Ich habe gefragt, wie man auf mich kam, alles schien mir einleuchtend, und ich bat, dass ich darüber nachdenken darf, weil ich nicht sofort antworten konnte.

STANDARD: Wie viel Zeit hatten Sie?

30 Minuten habe sie Zeit gehabt zu entscheiden, ob sie das Angebot, Ministerin zu werden, annehmen oder ablehnen soll. Valerie Hackl entschied sich "aus Verantwortungsbewusstsein" dafür.
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Hackl: 30 Minuten. Dann habe ich einige Anrufe gemacht, und es war relativ bald klar, dass ich natürlich zur Verfügung stehe. Es galt, Verantwortung zu übernehmen.

STANDARD: Haben Sie abseits der Bestellungsurkunde in den zwölf Tagen als Ministerin noch andere Dokumente unterschrieben?

Hackl: (denkt nach) Den Forschungs- und Technologiebericht, anderes nicht. Als nach dem Misstrauensvotum klar war, dass es nichts Längerfristiges wird, war mehr das Bestreben da, alles für eine Übergabe vorzubereiten, als noch irgendwelche Unterschriften zu leisten.

STANDARD: Tempo 140 war eine der umstrittenen Maßnahmen, die Ihr Vorgänger im Infrastrukturministerium, Norbert Hofer, auf den Weg gebracht hat. Hätten Sie den Testlauf vorzeitig abgedreht?

Hackl: Soweit ich informiert war, gab es schon Testergebnisse von den beiden Pilotstrecken. Ich hätte mir angeschaut, was herausgekommen ist, und angehört, was die mit dem Thema betrauten Experten und die Beamtenschaft im Ministerium dazu sagt, bevor ich weitere Schritte, egal in welche Richtung, unternommen hätte.

STANDARD: Was halten Sie generell von Tempo 140 auf der Straße?

Hackl: Wer auf der Weststrecke schnell und sicher fahren möchte, soll am besten den Zug nehmen. Der Railjet fährt bis zu 230 km/h schnell, ist umweltfreundlich und sicher – die beste Alternative zu jedem Auto, das 140 km/h fährt.

STANDARD: Haben Sie mit einer Politkarriere über den Neuwahltermin hinaus spekuliert?

Hackl: Nein, gar nicht. Der Auftrag lautete, in einer Übergangszeit die Regierungsgeschäfte zu führen, für Stabilität und Kontinuität zu sorgen. Das war auch mein einziges Ziel. Ich wollte jedenfalls wieder zurück in die Austro Control.

STANDARD: Bewegen, gestalten – ist es das, was Sie antreibt?

Hackl: Unbedingt. Das ist ein starker Motivator.

STANDARD: Sie kennen die ÖBB von innen, die Austro Control ebenfalls und ahnen zumindest, welchen Zwängen ein Minister, eine Ministerin unterworfen ist. Was sind die größten Unterschiede zwischen Politik und Wirtschaft?

Hackl: Es gibt auch in der Wirtschaft Abstufungen. Die staatsnahe Wirtschaft ist ein Stück näher dran am politischen Parkett als die ganz private Wirtschaft, die rein Shareholder-getrieben ist. Der Grad, verschiedene Interessen zu berücksichtigen und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, ist in der Politik höher. Eine Gesprächskultur sicherzustellen, die diese unterschiedlichen Interessen berücksichtigt, ist eine der Hauptaufgaben der Politik. Das ist in staatsnahen Unternehmen teilweise auch der Fall; Zahlen, Daten und Fakten sind dort aber ein zumindest ebenso wichtiger Treiber.

STANDARD: Sie hatten ein Rückkehrrecht in die Austro Control, aber nicht zwingend als Geschäftsführerin. Jetzt sind Sie doch wieder auf dem alten Posten. Was sagen Sie Kritikern, die meinen, Politiker könnten es sich immer richten.

Hackl: Das hat mit mir nichts zu tun. Meine Bedingung für den Ausflug in die Politik als Expertin war, in meinen angestammten Beruf zurückkehren zu können, das ist nur fair. Ich bin von allen Funktionen in der Austro Control zurückgetreten und karenziert worden. Weil es an meiner vorherigen Tätigkeit nichts auszusetzen gab, gehen Vorwürfe, dass Politiker es sich richten, bei mir ins Leere.

STANDARD: Ist Ihr Appetit auf Politik nun gestillt?

Hackl: Ich hatte nie großen Appetit. Ich sehe mich als Managerin, nicht als Politikerin. Was ich aber sicher mitnehme, ist ein noch größeres Interesse an der Politik.

STANDARD: In welche Richtung wollen Sie die Austro Control weiterentwickeln?

Hackl: Das Flugverkehrsaufkommen steigt weiter stark. Das ist für Airlines, Flughäfen und Flugsicherung eine Herausforderung. Es ist nicht so einfach, Kapazitäten, die es braucht, zur Verfügung zu stellen.

STANDARD: Sie benötigen zusätzliches Personal?

Hackl: Das ist ein wesentlicher Hebel, aber das geht nicht über Nacht. Wir müssen die richtigen Leute finden und ausbilden.

STANDARD: Die auch vermehrt mit Drohnen zu tun haben werden?

Hackl: Dieses Phänomen könnte den ganzen Luftraum verändern. So wie man für das Auto einen Führerschein braucht, wird man auch für das Drohnenfliegen eine Legitimation vorweisen müssen. (Günther Strobl, 14.6.2019)