Die Bronze diente für Geräte und Schmuck, aber auch für Schwerter. Woher kam jedoch das Erz für die wertvollen Objekte?

Foto: Gavranovic/Mehofer

Mathias Mehofer und Mario Gavranović in einem neuzeitlichen Bergbaustollen in der Region.

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In Serbien wurden im Rahmen des Projekts das Gelände erkundet und Probegrabungen durchgeführt.

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Rund um die ostserbische Stadt Bor werden Berge versetzt. Berge aus Kupfer, um genau zu sein: Die Erzvorkommen gehören zu den größten in Europa. Die Landschaft hier ist von den riesigen Gruben der Kupferminen geprägt, die der seit mehr als hundert Jahren im industriellen Maßstab betriebene Tagebau wie Narben hinterlässt. Doch der Abbau des Kupfererzes reicht viel weiter zurück: Schon in der Bronzezeit wurde in der Region geschürft. Die Ursprünge des Kupferbergbaus in Europa liegen rund 7000 Jahren zurück, und auch auf dem Balkan wurden schon vor Jahrtausenden die Gesellschaften durch den Abbau und die Verarbeitung der Erze geprägt. Besonders in der Bronzezeit im zweiten Jahrtausend vor Beginn unserer Zeitrechnung kam es hier zu einem Boom der prähistorischen Schwerindustrie. Dazu gehörte auch ein reger Austausch mit benachbarten Regionen, zum Teil fand auch Handel sogar schon über große Distanzen hinweg statt: Die Globalisierung unserer Zeit ist kein neues Phänomen.

Reiche Region

In der Erforschung der archäologisch reichen Gegend zwischen dem Alpenraum und dem Kulturraum Griechenlands und Kleinasiens klaffen jedoch große Lücken: Wie die Beziehungen zwischen den verschiedenen Regionen genau geknüpft waren und ob die gesteigerte Produktion von Kupfer und Bronze nur auf einer erhöhten Förderung der lokalen Erzvorkommen basierte oder ob auch aus anderen Gebieten importiert wurde, fußt teils mehr auf Annahmen als auf naturwissenschaftlichen Analysen.

Ein neues Projekt des Instituts für Orientalische und Europäische Archäologie (OREA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und des Vienna Institute for Archaeological Science (VIAS) der Universität Wien soll nun diese offenen Fragen klären. Das Projekt "Bronzezeitliche Metallurgie im westlichen und zentralen Balkan" läuft bis 2023 und wird vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert. Dem Prähistoriker Mario Gavranović (Orea) und dem Archäometallurgie-Spezialisten Mathias Mehofer (Vias) stehen mit Alexander Kapuran vom Institut für Archäologie Belgrad und dem Museum Bergbau und Metallurgie in Bor lokale Partner zur Seite.

Um die Wege des Metalls nachvollziehen zu können, muss zunächst die Arbeitsweise in der Produktion detailliert rekonstruiert werden. Auskunft über die Technologien der Bronzezeit geben dabei die aufgefundenen Schlackenreste. In einer mehrstufigen Arbeitsschleife musste das kupferhaltige Erz – Chalkopyrit als Primärerz oder die Verwitterungsprodukte Malachit und Azurit – aufbereitet, gemahlen, geröstet und in Schachtöfen geschmolzen werden, um das Metall aus dem Gestein herauszulösen und eine zur weiteren Verarbeitung geeignete Legierung zu gewinnen.

Kupfererz, wie es in der untersuchten Region abgebaut wird.
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Bei der Verarbeitung des Erzes entsteht sogenannter Kupferstein – dessen Struktur ist hier in erheblicher Vergrößerung zu sehen.
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Plattenschlacke wie diese blieb bei der prähistorischen Kupfergewinnung übrig.
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Arme Bevölkerung

In Ostserbien scheint die ansässige Bevölkerung mehr Metall produziert zu haben, als für den eigenen Bedarf nötig gewesen wäre. Vermutlich wurden bereits die Gusskuchen exportiert, denn im Umkreis von 50 bis 60 Kilometern wurden in den Siedlungen keinerlei Gussformen entdeckt. Die Überproduktion muss daher zur Weiterverarbeitung in andere Gebiete gehandelt worden sein. Reich scheinen die am Bergbau beteiligten Menschen von ihrer Arbeit jedoch nicht geworden sein. Jedenfalls fehlen in den lokalen Brandbestattungen Hinweise in Form von eigentlich erwartbaren wertvollen Grabbeigaben.

Analysen der Blei-Isotopen- und Spurenelementverhältnisse geben Aufschluss über die Kreisläufe des Metalls – so kann die Herkunft verschiedener Bronzeobjekte eingegrenzt werden. Die dabei untersuchten Proben stammen aus der gesamten südosteuropäischen Region.

Auch vor Ort führen die Forscher Untersuchungen durch. Dabei kommen auch Techniken der Luftbildarchäologie zum Einsatz. Mit dem Lidar ("light detection and ranging") können die Erdoberfläche und damit auch prähistorische Abbauspuren selbst unter dicht bewachsenem Gelände sichtbar gemacht werden. Auch das Bodenradar verrät den Wissenschaftern die Lage von Siedlungsstrukturen oder Gräbern.

Auch die – damals wie heute – mit dem intensiven Bergbau einhergehende Umweltzerstörung bietet Ansätze für die Forscher. Anhand von Pollenprofilen können mögliche Veränderungen in der lokalen Flora festgestellt werden, auch eine eventuelle Belastung durch Schwermetalle ließe sich noch nach Jahrtausenden nachweisen. (Michael Vosatka, 10.6.2019)