Gassammelstelle von Gazprom nahe Nowy Urengoi.

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Ursprünglich hatte man sich schon viel früher am Ziel gesehen. Doch diverse Unwägbarkeiten, nicht zuletzt politischer Gegenwind, haben die OMV auf ihrem Weg nach Sibirien stark gebremst. Nun gibt es zumindest Gewissheit, was den Preis für den angestrebten Einstieg in das Gasfeld Urengoj in Sibirien betrifft: Für eine knapp 25-prozentige Beteiligung an der Entwicklung der Achimov-Formation zahlt die OMV Gazprom 905 Millionen Euro.

Die Einigung wurde am Freitag am Rande eines Wirtschaftsforums in St. Petersburg ventiliert. Dreieinhalb Jahre zuvor, Anfang September 2015, wurde die Idee erstmals lanciert. Bei einem Arbeitstreffen in Wladiwostok, der östlichsten Stadt Russlands, vereinbarte OMV-Chef Rainer Seele mit seinem Gegenüber, Gazprom-Boss Alexej Miller, "exklusive Verhandlungen" zur Beteiligung am Gasfeld Urengoj in Westsibirien, konkret um die Entwicklung der Blöcke 4A und 5A der Achimov-Formation. Im Gegenzug wollte die OMV Beteiligungen anderswo abtreten. Als ruchbar wurde, dass OMV-Assets in der Nordsee an Gazprom gehen sollten, legte sich Norwegen quer.

Unterzeichnung bis Jahresende

Aus Mangel an Alternativen nahm man in der OMV-Zentrale in Wien Abstand, den Deal mittels eines Asset-Swaps zu finanzieren, und freundete sich mit der Idee an, das Projekt mittels Cash zu stemmen. Lange war unklar, wie hoch der Preis sein würde. Mit der nun fixierten Summe traf man die Erwartungen der Kapitalmärkte. Der Abschluss und die Durchführung der Transaktion selbst hängen noch von der Genehmigung durch den OMV-Aufsichtsrat ab, was nur mehr eine Formalie sein dürfte, nachdem der grundsätzliche Sanktus bereits erteilt worden ist. Auch die noch zu erzielende Einigung mit Gazprom hinsichtlich der finalen Transaktionsdokumente sowie noch ausstehende behördliche Genehmigungen sollten keine Hürde mehr sein. Mit der Unterzeichnung der finalen Transaktionsdokumente wird bis Ende des Jahres gerechnet.

Sorgen um Nord Stream 2

Die Reserven der OMV würden bis Ende 2044 jedenfalls um ungefähr 600 Millionen Fass Öläquivalent (boe) steigen. Der Betriebsführer rechnet mit dem Start der Produktion Ende 2020, das Fördermaximum von gut 80.000 boe/Tag (Produktionsanteil von OMV) sollte 2026 erreicht werden.

Die Inbetriebnahme des umstrittenen Pipelineprojekts durch die Ostsee, Nord Stream 2, wird sich hingegen aller Voraussicht nach in die Länge ziehen. Nach Angaben von Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder verzögert Dänemark auf Druck der USA die für die Verlegung der Röhren notwendigen Genehmigungen. Schröder, der als Chef bei der Betreibergesellschaft Nord Stream 2 angeheuert hat, warf Kopenhagen vor, damit gegen die Interessen Europas zu agieren.

Schröder setzt nun offenbar auf den anstehenden Regierungswechsel in Kopenhagen nach der Wahl, bei der die Sozialdemokraten gewonnen haben. Er hoffe, die neue Regierung werde zu einem "vernünftigen Dialog" zurückkehren, sonst drohe eine verspätete Inbetriebnahme.

Druck aus den USA

Eigentlich soll die Pipeline bereits zum Jahreswechsel in Betrieb gehen, doch der Druck auf das Projekt aus den USA, die mit Sanktionen drohen, ist stark. In St. Petersburg haben sich nun neben Wladimir Putin auch führende deutsche Politiker wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier noch einmal für das Projekt starkgemacht.

Die OMV ist an Nord Stream 2 ebenfalls beteiligt. Konzernchef Seele hat in der Vergangenheit mehrfach eine schnelle Realisierung des Projekts gefordert. Allerdings setzt der Konzern nicht allein auf Pipelinegas. Bereits 2020 soll Gazprom 1,2 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas (LNG) nach Österreich liefern.

In Petersburg vereinbarte Seele nun mit Gazprom-Chef Miller einen Ausbau der LNG-Kooperation über das Jahr 2020 hinaus. "Dies wird zur Diversifizierung der Bezugsquellen beitragen und uns helfen, die Versorgungssicherheit in Europa zu gewährleisten", kommentierte Seele den Vertragsabschluss. (stro, ab, 7.6.2019)