Affirmativer Antifeminismus
Jessa Crispin stürzt sich streckenweise ziemlich unfair auf den aktuellen Feminismus. Er sei praktisch nur mehr ein teflonbeschichtetes Label, an dem jede Kritik abperlt. Und wenn sich heute praktisch jeder Popstar schon Feministin nennt, der "gleichzeitig regressive Vorstellungen, Bilder und Botschaften" verbreitet, dann wolle sie – Crispin – keine Feministin mehr sein.
Überhaupt würden wir zu sehr an diesem Begriff kleben, seit er so chic geworden ist, schreibt die Journalistin. So würden wir aus den Augen verlieren, was es bedeutet, wenn diese bis vor wenigen Jahren verhasste und verhöhnte Bewegung plötzlich Everybody's Darling ist. Nichts Gutes, daran lässt dieses Buch keinen Zweifel. Selbstermächtigung sei zum Narzissmus verkommen. Und wer etwa eine traditionelle Arbeitsaufteilung zwischen den Geschlechtern vorzieht, darf nicht mehr kritisiert werden, schließlich war es eine "freie", "ihre" Entscheidung. Um politische Auswirkungen solcher Entscheidungen schere man sich nicht und lässt so jene im Stich, die sich nicht vom Patriarchat freikaufen können, wenn es dann doch mal stört. Manchmal unfair, aber manchmal hat Crispin schlicht recht.
Jessa Crispin, "Warum ich keine Feministin bin. Ein feministisches Manifest", 13,40 Euro / 145 Euro, Suhrkamp-Verlag, Berlin 2018