"Das Recht soll fair sein, und es soll Konflikte lösen, und beides sind Glücksfaktoren", sagt der Schweizer Glücksforscher Bruno Frey.

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Unter vielen Ökonomen gilt schon seit längerem die Maxime, dass das Ziel der Wirtschaft weniger ein höheres Bruttoinlandsprodukt ist als die Maximierung des Glücks der Menschen.

Sie feilen deshalb an verschiedenen Methoden, das tatsächliche Glück zu messen, und stoßen dabei immer wieder auf überraschende Erkenntnisse: Soziale Kontakte, gute Gesundheit und ein Arbeitsplatz, egal wie gut er ist, sind demnach oft wichtiger als materielle Dinge. Ein höheres Einkommen führt allerdings sehr wohl zu mehr Lebenszufriedenheit, zeigen die Studien.

Das Glück in einer Gesellschaft sollte auch das Ziel der Justizpolitik sein, ist der Schweizer Ökonom und Glücksforscher Bruno S. Frey (nicht verwandt mit dem Autor, Anm.) überzeugt. Er begibt sich da auf bisher wenig erforschtes Gebiet, das einige Unklarheiten aufweist.

"Das Recht soll fair sein, und es soll Konflikte lösen, und beides sind Glücksfaktoren", erläutert Frey im STANDARD-Gespräch die Logik hinter seinen Gedanken.

Frey sieht drei Bereiche, in denen das glasklare Recht und das oft verschwommene Glück zusammenhängen:

  • bei der Bemessung von Schadenersatz, bei der Gerichte den jeweiligen Verlust an Glück berücksichtigen könnten, statt nur einer Standardisierten Liste zu folgen;
  • bei Gerichtsverfahren, bei denen das Gefühl für die Parteien, fair behandelt zu werden, oft wichtiger sei als das eigentliche Urteil;
  • und in der Möglichkeit der Bürger, auf die Rechtspolitik Einfluss zu nehmen. Hier lobt Frey, der vor kurzem am Juridicum in Wien einen Vortrag hielt, in typisch Schweizer Manier vor allem die direkte Demokratie.

Freys Rat für die Justizpolitik: Die Richter müssten sich in den Verfahren Zeit nehmen und alle zu Wort kommen lassen. "Menschen wollen dem Richter ihre Empfindungen mitteilen, sie wollen ernst genommen werden." Dafür brauche man genügend Personal. "In der Justiz sollte möglichst nicht gespart werden", schließt er daraus.

Staat soll Glück nicht messen

Und was sind die Lehren für die Politik? Frey: "Man muss versuchen, den Menschen die Möglichkeit zu geben, selbst ihr Glück zu finden. Dafür braucht es vor allem gute staatliche Schulen und die Chance, eine vernünftige Stelle zu finden." Bei jeder politischen Entscheidung sollte nicht nur die Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum, sondern auch auf das Glück berücksichtigt werden.

Doch der Staat sollte nicht selbst versuchen, das Glück durch Umfragen zu messen, warnt Frey. Einerseits bestehe die Gefahr, dass eine Regierung die Ergebnisse durch gezielte Fragen manipuliert, um zu zeigen, wie glücklich die Menschen seien. Andererseits würden Kritiker der Regierung sich für unglücklich erklären. "Das lässt sich ohne Verzerrungen nicht messen", sagt Frey. (Eric Frey, 27.5.2019)