Alle über 58 bekommen die Zeitschrift des Vorarlberger Seniorenbundes.

Foto: Jutta Berger

Bregenz – "Zu diesem Thema sage ich nichts, mit den Medien rede ich darüber nicht." Franz Himmer, Geschäftsführer des ÖVP-Seniorenbundes ist es leid, zum Datenschutz in seiner Organisation Stellung zu nehmen. Befragt, ob es mit der Datenschutzgrundverordnung zu vereinbaren sei, dass der Seniorenbund sein Magazin "Der Express" an alle Menschen, die über 58 Jahre alt sind, verschickt, beendet er das Telefonat abrupt.

Eine Anfrage des Standards zum selben Thema beantwortete er noch mit Änderungen, die ehe mit der Datenschutzgrundverordnung kommen würden. Die Frage, was sich ein Jahr nach Einführung geändert habe, wird nicht beantwortet.

Der Seniorenbund, eine Teilorganisation der Volkspartei, verschickt sein vierteljährlich erscheinendes Blatt laut Information für Inseratenkunden "mit persönlicher Anschrift an alle Personen in Vorarlberg, die 58 Jahre und älter sind". Nicht alle sind darüber glücklich.

Datenschutzbehörde untätig?

Beispielsweise Wilfried Mätzler, ein Unternehmer: "Ich habe dieses Blatt nie bestellt und will es auch nicht." Beschwerden beim Seniorenbund hätten zur vorübergehenden Einstellung der Lieferung geführt. Auf eine Anfrage bei der Datenschutzbehörde, eine dem Justizministerium nachgeordnete Behörde, habe er keine brauchbare Auskunft bekommen. So erging es auch dem Standard.

Was Mätzler, in Deutschland beruflich tätig, besonders erstaunt: "In Deutschland wäre das nicht möglich, hier wird die Datenschutzgrundverordnung streng ausgelegt. Warum das in Österreich anders ist, verstehe ich nicht."

Zwangsbeglückte Generation 58+

Kurz vor der EU-Wahl beglückte der Seniorenbund Herrn Mätzler und damit alle Menschen über 58 erneut. Wahlempfehlung für den regionalen Spitzenkandidaten inklusive.

Gerald Loacker, Nationalratsabgeordneter der Neos, wurde mit mehreren Beschwerden konfrontiert. Er vermutet: "Die personenbezogenen Daten dürften von der Vorarlberger ÖVP stammen. Während die ÖVP ihre Post an diese Adressen verschicken darf, ist es ihr gesetzlich untersagt, diese Daten an Dritte weiterzugeben. Der Seniorenbund hätte die Adressen nicht bekommen dürfen." Dietmar Wetz, Landesgeschäftsführer der Vorarlberger Volkspartei dementiert: "Von uns hat der Seniorenbund die Daten nicht."

Alles österreichisch legal

Bedient sich die Seniorenorganisation nun illegal der Daten aus dem Wählerregister? Nein, sagt Hans Zeger, Geschäftsführer der ARGE Daten. "Der Seniorenbund bekommt die Daten von der Bundeswahlbehörde quasi frei Haus geliefert, weil er die Teilorganisation einer Partei ist."

Mit diesen Daten "können diese Organisationen machen, was sie wollen". Sie dürfen sie auch außerhalb von Wahlkampfzeiten verwenden. Mit der Begründung, eine Partei sei ja immer im Wahlkampf. Schlitzohrig sei die österreichische Regelung und "höchstwahrscheinlich EU-widrig", sagt der Datenschutzexperte. Geklärt könnte das nur auf dem Rechtsweg werden.

Zeger beschreibt die notwendigen Schritte: Beschwerde bei Datenschutzbehörde. "Die ist aber ein Teil des Systems, wird die Beschwerde abweisen." Dann Einspruch beim Bundesverwaltungsgericht, schließlich der Gang zum Europäischen Gerichtshof. Zeger: "Dann wird sich höchstwahrscheinlich herausstellen, dass Österreich Eu-widrig handelt. Wir unterstützen eine solche Beschwerde gerne." (Jutta Berger, 24.5.2019)