Pures Glück? Nicht unbedingt, haben Studien ergeben.

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Kinder machen Menschen glücklicher. Dass das so zu sein hat, legt zumindest das gesellschaftliche Ideal nahe. Zweifel daran werden oft tabuisiert. Über negative Gefühle in der neuen Lebenslage nach dem (ersten) Kind wird manchmal sogar im engsten familiären oder Freundeskreis geschwiegen. Die Aufregung um "Regretting Motherhood" vor wenigen Jahren zeigte, dass das Thema auch öffentlich für Kontroversen sorgt.

Sinkende Geburtenraten in hoch entwickelten Ländern beschäftigen die demografische Forschung seit Jahren. Das subjektive Wohlbefinden von Eltern spielt dabei immer wieder eine Rolle. Denn neben all der Freude, die Kinder bringen, fordern sie auch viel Zeit ein. Oft treten Hobbys oder die Karriere in den Hintergrund, dazu kommt das Spannungsfeld zwischen Pflichten im Job, in der Familie und finanzielle Engpässe.

Laut den Forscherinnen und Forschern Anna Matysiak, Forscherin am Vienna Institute of Demography, Letizia Mencarini, Demografin an der Bocconi University in Mailand und Daniele Vignoli, Demograf an der Universität Florenz, spielt die Elternschaft in den meisten Untersuchungen entweder keinerlei Rolle für das subjektive Wohlbefinden oder hat sogar nachteilige Auswirkungen darauf. Die Wissenschafter haben sich Studien zum Wohlbefinden der Eltern in postindustriellen Ländern angeschaut.

Elterliches Wohlbefinden

Die Analyse zeigt, dass nur wenige Studien von positiven Effekten berichten. Laut einer Arbeit aus dem Jahr 2014 ändert sich das elterliche Wohlbefinden nicht erst nach der Geburt des Kindes, sondern bereits gegen Ende der Schwangerschaft. Demnach nimmt das Wohlbefinden in Erwartung der Geburt kurzfristig zu, danach allerdings wieder ab. Studien zeigen, dass die Zunahme der Lebenszufriedenheit um den Geburtstermin bei jenen Eltern ausgeprägter ist, die ihre Kinder erst später im Leben bekommen. Dies gilt für das erste und zweite Kind, nicht aber für ein drittes.

Konflikte zwischen Beruf und Familie

Die Hypothese der Forscher: Das subjektive Wohlbefinden von Eltern wird besonders durch Konflikte zwischen Arbeit und Familie beeinflusst. "Besonders stark ausgeprägt kann dieses sinkende Wohlbefinden bei denjenigen sein, die große Spannungen zwischen Arbeit und Familie erleben, während es besser für Eltern sein dürfte, die über einen guten Zugang zu externer Kinderbetreuung verfügen, viel Unterstützung von anderen Familienmitgliedern erhalten oder einen Beruf ausüben, der sich leichter mit der Familie vereinbaren lässt", so die Autoren in einem Artikel, der in einer Publikation des Österreichischen Instituts für Familienforschung erschienen ist.

Mütter weniger zufrieden

Übereinstimmend mit früheren Untersuchungen konnten die Demografen zeigen, dass Mütter mit zwei bis drei Kindern zwei oder drei Jahre nach der Geburt ihrer Kinder weniger zufrieden mit ihrem Leben sind als vor der Schwangerschaft. Die Lebenszufriedenheit der Väter ist zu diesem Zeitpunkt genauso hoch wie früher. Eltern, für die der Konflikt zwischen Familie und Beruf stärker spürbar ist, erleben auch einen größeren Rückgang des subjektiven Wohlbefindens nach der Geburt.

Die Lebenszufriedenheit von Eltern, die nur schwache Spannungen zwischen Familie und Beruf erleben, geht nach der Geburt zwar ebenfalls zurück, aber dieser Rückgang ist weniger ausgeprägt. Diese Eltern sind später genauso glücklich wie vor der Schwangerschaft.

Die Hypothese wurde auf Grundlage von australischen Paneldaten aus der sogenannten HILDA-Umfrage (Household, Income and Labor Dynamics in Australia) getestet. Die Ergebnisse gelten aber ebenso für viele andere postindustrielle Länder, in denen die öffentliche Unterstützung für berufstätige Eltern schlecht ist und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem durch Teilzeitarbeit der Mütter erreicht wird.

Spezialfall Einzelkind

Auf das Wohlbefinden von Müttern mit nur einem Kind haben Konflikte zwischen Arbeit und Familienleben anscheinend keinen Einfluss. Außerdem zeigt sich ein Geschlechterunterschied bei nicht Berufstätigen: "Die Lebenszufriedenheit von nicht erwerbstätigen Müttern sinkt nach der Geburt in fast so geringem Maße wie jene von Müttern, die nur schwache Spannungen zwischen Familie und Beruf erleben. Im Gegensatz zu Müttern sinkt die Lebenszufriedenheit von nicht erwerbstätigen Vätern stärker, vor allem wenn sie ein oder drei (nicht aber zwei) Kinder haben", so die Autorinnen Matysiak, Mencarini und Vignoli.

Insgesamt zeigen die Forschungsergebnisse, dass die Intensität des Konfliktes zwischen Familie und Beruf darüber entscheidet, wie zufrieden Eltern damit sind, Kinder zu haben. Der Abbau der entsprechenden Spannungen könnte somit nicht nur Eltern dazu ermutigen, mehr Kinder zu bekommen, sondern auch generell das elterliche Wohlbefinden verbessern, lautet das Resümee der Wissenschafter. (red, 26.5.2019)