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Igor Makarow pflegte seinerzeit enge Kontakte zum inzwischen verstorbenen Diktator Turkmenistans, zu seiner Nichte allerdings nicht, denn ist ein Einzelkind.

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Eine "ideale Provokation" nennt Konstantin Kossatschow, Chef des Außenausschusses im Föderationsrat und damit einer der Lautsprecher der russischen Außenpolitik, die Ibiza-Affäre, über die Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache stolperte. In Moskau ist man wenig erfreut über den Skandal, von dem der Kreml eilig versicherte, "gar nichts damit zu tun zu haben".

Für Kossatschow handelt es sich um eine zielgerichtete Attacke auf die von Moskau unterstützte europäische Rechte, um diese zu diskreditieren. Dass dabei die "russische Spur" eingesetzt werde, sei nur folgerichtig, denn "das Gejammer 'Die Russen kommen' hat sich tief ins Bewusstsein der Bürger eingeprägt", klagte er.

Für einen Mann ist die Affäre noch unangenehmer als für die Kreml-Spitze: Igor Makarow. In den westlichen Medien tauchte bislang eher der Eishockey spielende Namensvetter des 57-jährigen Geschäftsmanns auf. Doch nachdem sich in dem Strache-Video der Lockvogel als Aljona Makarowa und angebliche Nichte des Milliardärs vorgestellt hatte, stand er plötzlich selbst in den Schlagzeilen, die er lieber vermieden hätte.

Russisches Einzelkind

"Es ist weit bekannt, dass ich ein Einzelkind in der Familie war und dementsprechend keine Nichten haben kann", dementierte Makarow jede Beziehung zu dem Skandal. Er kenne die Frau nicht und habe seine Mitarbeiter bereits darauf angesetzt herauszufinden, wer hinter der "Desinformationskampagne" stehe. Er werde alle juristischen Schritte unternehmen, um zu prüfen, wer seinen guten Namen illegal missbraucht habe, kündigte er an.

Tatsächlich wuchs Makarow in der heute turkmenischen Hauptstadt Asgabad ohne Vater und Geschwister auf. "Meiner Mutter gehört mein Leben, ich bin stolz darauf, was ich erreicht habe, und ich schäme mich nicht vor ihr", sagte er einmal. Tatsächlich hat der zweifache Familienvater eine illustre Karriere hingelegt. Als Kind träumte er davon, professioneller Radfahrer zu werden, und schaffte es sogar in die Nationalmannschaft. Doch für das Olympiateam reichte es am Ende nicht, und so stieg er 1987 vom Sattel und aus dem Profisport aus.

Vom Souvenirhändler zum Milliardär

Mit dem Verkauf von zwei Rädern kaufte er sich einen Lada und zog nach Kasan zu seiner Frau, wo er sich zunächst als Souvenirhändler und später in der zu Perestroika-Zeiten verbreiteten Herstellung von Jeans versuchte.

Für die Karriere Makarows sollten allerdings seine weiterhin bestehenden Verbindungen nach Asgabad entscheidend sein: Makarow ging bei Turkmenistans Diktator Saparmurat Nijasow – auch Trkmenbasi genannt – ein und aus und lernte so auch den damaligen Gazprom-Chef Rem Wjachirew und den späteren Chef des ukrainischen Gasmonopolisten Naftogas Igor Bakaj kennen. Und so sattelte Makarow vom Souvenir- und Jeans- auf den Gashandel um.

Nummer zwei im Gassektor

Als Zwischenhändler verdiente er mit seinem Konzern Itera prächtig an den Gaslieferungen aus Turkmenistan über die Gazprom-Pipeline in die Ukraine. Zugleich konnte sich Itera dank Gazprom mehrere Lagerstätten sichern und stieg so zum zweitgrößten Gaskonzerns Russlands hinter dem Monopolisten auf.

Die Präferenzen hörten jäh auf, nachdem der Kreml eine neue Führung bei Gazprom eingesetzt hatte. 2012/13 verkaufte Makarow schließlich Itera an Rosneft. Immerhin 1,8 Milliarden Dollar konnte er für seine Anteile kassieren. Mit einem geschätzten Vermögen von derzeit 2,1 Milliarden Dollar liegt er auf Rang 48 der russischen Dollarmilliardäre.

Leidenschaft auf zwei Rädern

Sein Gasgeschäft betreibt er unter dem Namen Ateri – ein Anagramm zu Itera – weiter. Doch inzwischen widmet er sich wieder mehr seiner eigentlichen Leidenschaft; dem Radrennen. 2010 wurde er Präsident des russischen Radsportverbands, seit 2016 ist er Ehrenpräsident. Im Westen wurde er als Gründer und Sponsor des Radteams Katusha (gesprochen: Katjuscha) bekannt, das inzwischen Katusha Alpecin heißt und in der Schweiz registriert ist. Das Team feierte eine Reihe von Erfolgen auf der Tour, hatte aber auch immer wieder mit Dopingskandalen zu kämpfen.

Neben dem Rad hat Makarow inzwischen aber auch andere "Spielzeuge". So nennt der Milliardär drei Privatflugzeuge und eine 85 Meter lange Luxusyacht namens Areti sein Eigentum. Die 125 Millionen Dollar teure Yacht war allerdings zum Zeitpunkt des Strache-Videos gerade erst aus der Werft gekommen und auf Testfahrten unterwegs. Auch über eine Villa Makarows auf Ibiza ist nichts bekannt. Dass Nichte und Immobilie auf dem Skandalvideo nicht zu Makarow gehören, ist eigentlich eh klar. Trotzdem will der Oligarch gegen die Organisatoren der Inszenierung vorgehen. (André Ballin, 23.5.2019)