Grasser und Meischberger (rechts) stehen seit eineinhalb Jahren vor Gericht.

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Die Causa rund um die Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften (Buwog und andere) unter Finanzminister Karl-Heinz Grasser zieht auch noch eineinhalb Jahre nach Beginn des Strafprozesses weite Kreise. Vor kurzem hat Exlobbyist und Buwog-Provisionär Walter Meischberger beziehungsweise sein Anwalt Jörg Zarbl Strafanzeigen wegen Verdachts auf Verleumdung eingebracht.

Betroffen von den Sachverhaltsdarstellungen – eine wurde am 8. März und ihre Ergänzung am 15. Mai bei der Staatsanwaltschaft (StA) Wien eingebracht – sind zum einen der "Kronzeuge" der Anklage, Michael Ramprecht, und zum anderen eine ORF-Journalistin. Für beide gilt die Unschuldsvermutung, beide wollten keine Stellungnahme abgeben.

Die Sachverhaltsdarstellungen fußen unter anderem auf Zeugenaussagen, die in der Buwog-Verhandlung im Straflandesgericht Wien vor kurzem getätigt wurden. Kurz zur Erinnerung: Ramprecht belastet Grasser und weitere Hauptangeklagte. Er behauptete als Zeuge unter Wahrheitspflicht, Immobilienmakler Ernst Plech habe ihm verraten, dass die Buwog-Privatisierung ein "abgekartetes Spiel" sei.

Angebliche Gefährdung

Schon im Rahmen der Ermittlungen hatte Ramprecht im Juli 2010 (damals aber als Beschuldigter) Belastendes über Meischberger berichtet. Eine "mir namentlich bekannte Person" habe ihm davon berichtet, dass der Unternehmer Martin Ohneberg (er arbeitete für die Soravia-Gruppe am Ankauf des in Staatseigentum stehenden Dorotheum) wegen seines Wissens gefährdet sei. Und dass es eine auf die Organisation von Unfällen spezialisierte belgische Organisation geben solle, mit der Meischberger in Kontakt getreten sein soll.

Davon habe er, Ramprecht, Ohneberg informiert – und ihm den Tipp gegeben, zu seiner eigenen Sicherheit zur Staatsanwaltschaft zu gehen.

Michael Ramprecht hat viel Staub aufgewirbelt.
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Im März sagte Ramprecht das auch aus, die Person, auf die er sich berief und deren Namen er vor Gericht auch nennen musste – die ORF-Journalistin –, hat im Zusammenhang mit den "Unfallorganisatoren" aber nie von Meischberger gesprochen, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung.

Dichtung und Wahrheit

Ramprecht habe Meischberger in seiner Aussage vor Gericht quasi dazu erfunden – und somit verleumdet, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung von März.

Und wie kommt es nun zur "ergänzenden Sachverhaltsdarstellung", also zur Anzeige gegen die Redakteurin des ORF, die vor rund einer Woche bei der Justiz eingelangt ist? Durch die Zeugenaussage Ramprechts und die Aussage des Zeugen und Unternehmers Ohneberg im Buwog-Prozess. Dort gab zum einen Ramprecht nach wiederholten Nachfragen von Grasser-Anwalt Norbert Wess und auf Aufforderung von Richterin Marion Hohenecker den Namen der Journalistin bekannt.

Zeuge von "Todesliste" informiert

Und am 14. Mai sagte dann Ohneberg zu diesem Thema aus: Ramprecht habe ihm einst mitgeteilt, dass Meischberger zu einer Unfallorganisation Kontakt aufgenommen habe und Ohneberg wegen seines Wissens, "dass Grasser immer Cash genommen habe", auf einer "Todesliste" stehe. Grasser bestreitet diesen Vorwurf, und auch Ohneberg entlastete Grasser. Darüber hinaus aber sagte der Zeuge aus, dass ihn nach seinem Treffen mit Ramprecht die ORF-Journalistin angerufen habe – auch sie habe ihm von der "Todesliste" berichtet und ihn gewarnt. Damit hat sie laut Meischbergers Verteidiger gleichsam die Behauptungen des Kronzeugen verstärkt.

Anwalt Zarbl argumentiert laut Anzeige, die beiden Verdächtigen hätten "Ohneberg durch ihre wahrheitswidrigen Informationen, er stehe auf einer Todesliste", unter Druck gesetzt. Meischberger hätten sie mit der unwahren Geschichte über die "Unfallorganisation" verleumdet. (Renate Graber, 21.5.2019)