Auf böse Krebszellen feuern. Die Computergames-Industrie beginnt sich mit kranken Menschen zu beschäftigen.

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Das mit den bösen Zellen macht ja durchaus auch Sinn. Wenn Krebspatienten verstehen wollen, was in ihrem Körper gerade falsch läuft, werden oft kriegerische Bilder verwendet: Gesunde Zellen sind gut, Krebszellen böse. Sie haben das Immunsystem des Körpers ausgetrickst und nun braucht es die Chemotherapie. Sie liefert die Waffen, mit der die Krebszellen vernichtet werden.

Genau nach diesem Prinzip funktioniert das Video-Game Re-Mission, ein Action-Shooter, der im Inneren der Blutbahnen stattfindet. Wer es spielt und versteht, was die Therapie im Körper bewirkt, hält sie auch leichter aus, das hat eine wissenschaftliche Untersuchung eindeutig gezeigt.

Mittlerweile sind Nachfolgespiele am Markt, eines davon für Patienten mit Lymphomen, einer Erkrankung, in der sich die Krebszellen in den Lymphknoten ansiedeln. "You have cleared this node", schreit der Actionheld, der mit Waffen auf die bösen Zellen feuert – und macht sich zum nächsten Lymphknoten auf. Re-Mission 2 gibt es dann auch schon fürs iPad – damit es Patienten auch direkt im Krankenbett spielen können.

Gegen ADHS anspielen

Ein anderes therapeutisches Videogame ist Dig Rush, ein Videogame, das Augenärzten Patienten mit Ambylopie, einer Sehschwäche, verschreiben müssen. Die Crux liegt darin, das schwache Auge zu trainieren, dabei muss das Spiel auf die individuelle Fehlsichtigkeit angepasst werden. "Nehmen Sie dieses Spiel mindestens zweimal täglich", könnte auf einer Verschreibung stehen, so der Hersteller Ubisoft, der die Idee dazu von Augenärzten bekam.

Aktuell diskutiert werden auch Videogames, die Kinder mit ADHS helfen sollen, ihre Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Beim Videogame Evo läuft eine Rennsimulation, dabei werden die Gehirnströme eines Spielers gemessen – und dann durch den Spielverlauf moduliert. Digital Therapeutics Alliance heißt eine US-Vereinigung, die für "Games auf Rezept" bei den US-Gesundheitsbehörden lobbyiert. Die Videogames-Industrie hat gerade erst angefangen, sich mit kranken Menschen zu beschäftigen. (Karin Pollack, 18.5.2019)