"Lass das doch den Thorben machen, der hat bestimmt noch nie Kaiserschmarren gemacht", überhöre ich eine Unterhaltung in der Redaktion zwischen zwei Kollegen. Eine Frechheit, das zu behaupten. Nur weil ich Deutscher bin, heißt das ja wohl noch lange nicht, dass ich noch nie ein österreichisches Gericht gekocht habe. Ich wollte lauthals widersprechen. Bis mir dann auffiel, dass ich wirklich noch nie Kaiserschmarren gekocht habe.

Ein neuer Skill für Kochfans

In dem Gespräch ging es um den Skill "So schmeckt Österreich" für Amazons Alexa. Einen "Schritt für Schritt"-Ratgeber, um die verschiedensten kulinarischen Klassiker aus Österreich zu kredenzen. Für mich als ahnungslosen und in Sachen Kochen ziemlich unbegabten Deutschen also genau das Richtige. So kam eins zum anderen, und plötzlich stehe ich mit RONDO-Schürze am Herd, nur mit meiner heimischen Alexa bewaffnet. "Alexa, öffne 'So schmeckt Österreich'", sage ich laut, und die weibliche Stimme schlägt mir die verschiedenen Gerichte vor, aufgeteilt in Vor-, Haupt- und Nachspeise. Kaiserschmarren, Wiener Schnitzel, Tafelspitz – so ziemlich jedes Klischee-Essen der österreichischen Küche ist in dem Rezeptebuch vertreten.

Ich wähle also fix den Kaiserschmarren aus, und Alexa sagt mir vor, was ich dafür brauche. Die Zutaten sind schnell eingekauft – bis auf die Rosinen. Im Vorgespräch flackerte die bis dato unbekannte Aversion eines Kollegen gegen Rosinen auf. Sogar im Schmarren. Alexa will sie zwar, die Kollegen lehnen sie ab. Zum Wohle des Arbeitsklimas lasse ich sie also weg.

In Alexa-Schritten zum Erfolg

Ich wiege die Zutaten ab, und schon kann es losgehen. Schritt Nummer eins, also die Rosinen in Rum einzulegen (klingt für mich genial), überspringe ich. Die erste Herausforderung folgt ohnehin gleich auf dem Fuß: Die sechs Eier müssen getrennt werden. Für einen absoluten Laien wie mich ein Albtraum. Aber da muss ich jetzt durch: also die Eier aufgeschlagen, dilettantisch das Eigelb zwischen den kaputten Schalen balanciert, und schon ist der Dotter mehr oder weniger getrennt.

Im nächsten Schritt muss das Eigelb mit der Milch, ein wenig abgeriebener Zitronenschale (keine Angaben, wie viel, also einfach drauflos), Mehl und Vanillezucker vermischt werden. Gut, das bekomme selbst ich hin.

Die größte Herausforderung

Weiter geht's: Eiklar mit Zucker und einer Prise Salz zu Eischnee schlagen. Was in meinem Kopf eine Sache von 20 Sekunden ist, entpuppt sich als eigentlicher Endgegner dieses Tests. Nach einer Minute Schneebesen wedeln verliere ich den Glauben daran, dass diese Flüssigkeit jemals steif wird. Nach zwei Minuten verliere ich das Gefühl im linken Arm. Nach drei Minuten den Glauben in meine niederen Kochkünste. Und nach vier Minuten die Lust auf alles. Doch ich gebe nicht auf. Das stimmt nicht ganz. Irgendwann gebe ich doch auf, als ich mehr oder weniger eine Schneepampe zusammengeschlagen habe. Das muss reichen.

Der Teig und der Möchtegern-Eischnee werden nun vermengt und zusammen in ausgelassener Butter in der Pfanne angebraten. Da wir in der Redaktionsküche kein Backrohr haben, muss der Kaiserschmarren in der Pfanne garen. Von hier an lasse ich die Alexa also aus. Die restlichen Tipps drehen sich um die Zugabe der Rosinen, das Karamellisieren des Zuckers und das endgültige Zurechtmachen der fertigen Leckerei.

Das Anbraten geht ohne große Probleme vonstatten. Langsam, aber sicher verbreitet sich der wohlig-bekannte Duft von Kaiserschmarren in der Küche. Kollegen, die jetzt den Ort des Geschehens betreten, bleiben kurz stehen, schauen andächtig in die Luft und sagen: "Moment, den Geruch kenne ich doch."

Der Wow-Moment

Als ich die fertige, leicht braune und dampfende Köstlichkeit stolz in den Händen halte, kommen sie aus allen Ecken. Ihr Lob ist Musik für meine Ohren. Als ich den Kollegen in der ersten Etage einen Teller bringe und nach fünf Minuten wieder runter in die Küche gehe, ist fast alles weg. Ich bekomme das Grinsen kaum noch aus dem Gesicht. Ich habe es geschafft. Der Piefke hat einen Kaiserschmarren gemacht.

Abschließend muss ich den Skill loben. Auch wenn das Rezept nicht das anspruchsvollste auf dieser Erde ist, hat es mich sauber und Schritt für Schritt durchgeleitet und zu einem guten Ende geführt. Aber es gibt auch Schattenseiten: Das Gerät will den Koch durch jeden Schritt durchhetzen. "Sind Sie bereit für den nächsten Schritt?", heißt es schon nach fünf Sekunden. Wenn man dann ein grantiges "Nein!" zurückschleudert, verabschiedet sich Alexa in eine Pause, und man muss den Skill wieder von Neuem öffnen. Zwar geht es dann genau an der Stelle weiter, spätestens nach dem dritten Schritt will man die Box aber am liebsten an die Wand werfen. Außerdem bin ich immer noch sauer, dass sie mir nicht einfach gesagt hat, für den Eischnee einen Handmixer zu benutzen. Mein Arm tut immer noch weh. (Thorben Pollerhof, Laura Fleischmann, 16.5.2019)