Absurd: Die Straßenbahnlinie zum Bikepark in Mutters nimmt keine Downhill-Biker mit.

Foto: IVB / Presse

Innsbruck – Die "Bikecity Innsbruck" hat ein Problem mit Mountainbikern. Nachdem zuletzt die Nordketten-Bahnen wegen des Fehlverhaltens eines einzigen Fahrgasts für den Monat Mai ein generelles Transportverbot für "Downhiller" erlassen haben, ziehen nun die Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB) nach. Wie ein dem STANDARD vorliegender interner Dienstauftrag belegt, wird "Downhillern" im gesamten Stadtgebiet die Mitfahrt untersagt.

Zwar ist der Fahrradtransport in den Linien der IVB generell erlaubt – zwei Stück pro Bus –, doch wer eine Doppelbrückengabel am Rad verbaut hat und einen Vollvisierhelm am Kopf trägt, muss draußen bleiben. Wie genau die IVB einen "Downhiller" sonst definieren, war vorerst nicht zu erfahren. Auch wie man das Transportverbot begründet, blieb vorerst unklar.

Seitens der IVB war man für eine Stellungnahme zum Thema nicht erreichbar. Seitens der Stadt verweist man wiederum auf die Zuständigkeit der IVB, die zu 96 Prozent der Stadt gehören. Bürgermeister Georg Willi und Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl, beide Grüne, betonen, dass sie dennoch nichts von dieser Maßnahme gewusst hätten.

Kinder sollen auf Schutzausrüstung verzichten

Das Verbot treibt indes absurde bis gefährliche Blüten, wie man beim Downhill-Verein Tirol weiß, der wöchentliche Kindertrainings in Innsbruck anbietet. So wurde den jungen Sportlern, die mit Öffis zum Biken kommen wollten, bereits erklärt, dass sie auf ihre Schutzausrüstung verzichten sollen, um transportiert zu werden. Denn wer einen Vollvisierhelm trägt, gilt als Downhiller und darf nicht einsteigen.

Überhaupt ist die Kategorisierung als "Downhiller" in der Praxis Unsinn und zeigt, wes Geistes Kind dieses Verbot ist. Offenbar haben die dafür Verantwortlichen wenig Ahnung vom Mountainbike-Sport und wollen vielmehr Stimmung gegen eine als Feindbild konstruierte Gruppe machen. Denn ginge es nach den zum Sport genutzten Rädern, so müssten auch Enduros und All Mountains, heute Standard auf Trails und in Bikeparks, von dem Verbot betroffen sein.

Mit Autos statt Öffis zum Sport

Das Verbot hat zudem zur Folge, dass der Bikepark Innsbruck in Mutters, der direkt an der Straßenbahn liegt, nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Im grün regierten Innsbruck werden Eltern genötigt, die lieben Kleinen mit dem Auto zum Sport zu bringen. Betroffene Kinder hatten bereits im Herbst, nachdem sie mehrfach an ihren Haltestellen zurückgelassen wurden, versucht, die Verantwortlichen der Stadt sowie der IVB auf die Problematik hinzuweisen. Ihre Briefe und Mails wurden ignoriert, sie erhielten keine Antwort.

Aber auch als Anwohner bedeutet das Transportverbot Ungemach. Wie dem STANDARD berichtet wurde, genügt schon das Mitführen eines Downhillrades, um selbst bei leeren Bussen oder Bahnen an der Haltestelle abgewiesen zu werden. Wer das Pech hat, in einer der umliegenden Ortschaften zu leben, muss nach Hause schieben.

Verbot für Juristen zweifelhaft

Einer selbsternannten "Bikecity" ist eine solche Verkehrspolitik unwürdig. Zudem steht ein solches Beförderungsverbot für Downhiller auf juristisch tönernen Füßen. Denn wie der Anwalt Johannes Pepelnik erklärt, haben öffentliche Verkehrsmittel eine Beförderungspflicht: "Sie müssen jeden mitnehmen, der das will." Einschränkungen müssen sachlich gerechtfertigt sein, etwa dass man stark verschmutzte Fahrräder generell nicht befördert.

Zudem müssten derlei Transportverbote öffentlich kundgemacht werden und nicht als interner Dienstauftrag ergehen. Denn wie sollten sich betroffene Fahrgäste sonst darauf einstellen oder dagegen vorgehen können? Dass man, wie in Innsbruck passiert, Kinder und Erwachsene einfach an der Haltestelle abweist, ist nicht rechtens.

Vorwürfe gegen Nordketten-Bahnen

Auch seitens der Innsbrucker Nordketten-Bahnen wurde zuletzt Stimmung gegen Mountainbiker gemacht. Die Geschäftsführung nutzte einen Zwischenfall mit einem gewalttätigen Fahrgast dazu, pauschal alle "Downhiller" für den Monat Mai auszusperren. Wobei den STANDARD mittlerweile auch Zuschriften empörter Eltern erreichten, die mehrfach über aggressives Verhalten seitens der Bahnmitarbeiter gegenüber Kindern und Jugendlichen mit Downhillrädern berichten.

Sie werfen den Bahnbetreibern, denen die Mountainbiker seit jeher ein Dorn im Auge waren, vor, die Situation einseitig darzustellen. Dass man auf der Nordkette die Wagen und Gondeln lieber mit voll zahlenden Touristen als mit billigen, Saisonkarten besitzenden Einheimischen füllt, ist ein offenes Geheimnis. Doch die Bahnen wurden als Private-Public-Partnership, also auch mit sehr viel Steuergeld, errichtet, weshalb ein solches Transportverbot grundsätzlich zu hinterfragen ist. (Steffen Arora, 14.5.2019)