Dieses Tier, Stylephorus chordatus, macht es einem nicht leicht, die Fischform in ihm zu erkennen. Weiter unten folgt ein Ganzkörperbild.
Foto: Dr. Wen-Sung Chung, University of Queensland, Australia

Basel – Da sie in praktisch vollkommener Dunkelheit leben, ging man bisher davon aus, dass Tiefseefische mehr oder weniger farbenblind sind. Für viele trifft das auch zu, doch gibt es erstaunliche Ausnahmen, berichten Wissenschafter um Walter Salzburger von der Universität Basel im Fachblatt "Science".

Hintergrund

Wirbeltiere besitzen fürs Farbensehen bis zu vier Typen von Zapfenzellen in der Netzhaut, in denen verschiedene Sehpigmente (Iodopsine) die Unterscheidung von Licht verschiedener Wellenlängen erlauben. Allerdings funktioniert dies nur bei Helligkeit gut. Die Stäbchenzellen hingegen enthalten nur einen Typ von Sehpigment, Rhodopsin, das deutlich sensitiver auf Hell-Dunkel-Unterschiede reagiert und das Sehen bei wenig Licht erlaubt, aber keine Farbunterscheidung zulässt.

In ihrer Untersuchung stießen die Forscher aber auf 13 Fischarten, die mehr als ein Gen für Rhodopsin haben. Und eine Spezies stellte alle anderen in den Schatten: Silberköpfe der Art Diretmus argenteus haben 38 Gen-Kopien für Rhodopsine und zusätzlich zwei für andere Opsine. "Damit ist der im Dunkeln lebende Silberkopf das Wirbeltier mit den am Abstand meisten Genen für Sehpigmente", sagte Salzburger.

Diese Fischarten sind gut im Farbensehen: Oben der Silberkopf, in der Mitte Laternenfische, ganz unten der exzentrische Stylephorus chordatus.
Illustration: Pavel Riha, University of South Bohemia, Ceske Budejovice, Czech Republic

Die verschiedenen Rhodopsin-Kopien des Silberkopfs weisen kleine Unterschiede auf, wodurch sie auf verschiedene Wellenlängen ansprechen. Das konnten die Forscher durch Computersimulationen und Laborexperimente an Rhodopsin-Proteinen feststellen. Die verschiedenen Versionen des Sehpigments decken dabei den gesamten Wellenlängenbereich des durch Leuchtorgane von Tiefseeorganismen erzeugten Lichts ab.

Und das könnte auch der Grund für die unerwartet gute Farbsicht der Tiefseebewohner sein: Möglicherweise erlauben ihnen die verschiedenen Rhodopsin-Versionen, die Biolumineszenz von Beutetieren, Artgenossen und Jägern zu unterscheiden. Das ist bislang aber nur eine Hypothese der Forscher – mit Verhaltensexperimenten überprüfen lässt sie sich vorerst nicht. (APA, red, 11. 5. 2019)